KI zur Vorhersage lebensbedrohlicher Situationen auf Intensivstationen (KI-SIGS RIDIMP)
Bei einem Zusammenbruch von Kreislauf (hämodynamische Dekompensation) oder Lungenfunktionen (pulmonale Dekompensation) besteht für die betroffene Person akute Lebensgefahr. Ohne sofortige medizinische Intervention können diese Zustände zu einem Schock führen, der für die Patientin oder den Patienten schlimmstenfalls tödlich enden kann.
Ziel des Projektes RIDIMP war es, mithilfe von Methoden der Künstlichen Intelligenz hämodynamische und pulmonale Dekompensationen frühzeitig zu erkennen, um Intensivmedizinerinnen und -mediziner in ihrer Entscheidung zur Einleitung therapeutischer Maßnahmen zu unterstützen und so Menschenleben zu retten.
Zur Vorhersage lebensbedrohlicher Situationen definierten die Forschenden zunächst zwei numerische Scores. Diese setzen sich aus den zahlreichen, auf der Intensivstation erhobenen medizinischen Daten und Vitalparametern zusammen, z.B. dem mittleren arteriellen Blutdruck, der Herz- und Atemfrequenz, der Sauerstoffsättigung und Medikamentengaben, und bewerten den Zustand des Kreislaufs und der Atmung auf einer Skala von 0 (unkritisch) bis zu einem Maximalwert (höchst kritisch).
Die ermittelten Werte wurden anschließend verwendet, um historische Daten der Patientinnen und Patienten zu klassifizieren, und daraus mithilfe von tiefen neuronalen Netzwerken Vorhersagen für die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs von Kreislauf oder Atmung in der Zukunft, den sogenannten Dekompensationsscore, zu implementieren.
Die Vorhersage wurde mit über 10.000 Krankheitsfällen aus dem Klinikum Bremen-Mitte trainiert. Eine anschließende Evaluation ergab einen mittleren normierten Vorhersagefehler von zwei Prozent für den pulmonalen und vier Prozent für den hämodynamischen Score bei einem Vorhersagehorizont von zwölf Stunden. In einer vorklinischen Studie untersuchten die Forschenden zudem mögliche Korrelationen zwischen den ermittelten Dekompensationsscores und dem Eintreten relevanter klinischer Endpunkte, beispielsweise der Entlassung aus der Intensivstation, dem Versterben oder dem Beginn künstlicher Beatmung (Intubation). Hierbei zeigte sich zum Beispiel eine signifikante Übereinstimmung des Endpunktes Intubation mit dem Wert des pulmonalen Dekompensationsscores.
Als nächster Schritt stehen multizentrische und klinische Studien an, um aus dem Forschungsergebnis eine in der Praxis für Patientinnen und Patienten lebensrettende und das Klinikpersonal entlastende Anwendung zu machen.
Das Projekt RIDIMP wurde von April 2020 bis März 2023 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen des KI-Innovationsvorhabens KI-SIGS (KI-Space für intelligente Gesundheitssysteme) gefördert.
Prof. Dr. Christoph Lüth
Forschungsbereich Cyber-Physical Systems
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