Vielfältige Sensorik ist bereits Teil des Alltags geworden. Immer mehr Geräte in unserer Umwelt sind mit unterschiedlichster Sensorik ausgestattet, die ihre Umgebung erfasst und analysiert. Mobiltelefone und Uhren verfügen über GPS und Bewegungssensoren, der Fernseher besitzt eine Kamera, Haushaltsgeräte sind mit dem Internet verbunden, „Smart Meter“-Technologien erfassen den Stromverbrauch einzelner Geräte, im industriellen wie im privaten Umfeld.
Während hierbei einzelne Sensoren oft zu einem eng definierten Zweck eingebaut werden, eröffnet ihre Vielzahl und Flexibilität die Möglichkeit einer komplexen Erfassung der Benutzeraktivitäten, des Benutzerzustandes, des Zustandes der Umgebung und der allgemeinen Situation in der Nähe des Benutzers. Dadurch kann die Bedienfreundlichkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit von Systemen erhöht werden und neuartige Anwendungen in Bereichen wie Gesundheit, öffentliche Sicherheit, nachhaltige Stadtentwicklung oder effizientere Produktion implementiert werden. Solche kontextsensitiven Systeme wurden in den letzten Jahren bereits intensiv erforscht, wodurch verschiedene neuartige Anwendungen entstanden sind. Ein prominentes Beispiel dafür sind Schrittzähler. Für diese wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass sie den Benutzer motivieren und so signifikant zu einem gesünderen Lebenswandel beitragen können.
Während die Analyse einfacher Kontexte bereits zu erfolgreichen Anwendungen geführt hat, ist die Frage wie komplexe menschliche Aktivitäten und Situationen zuverlässig erkannt werden können nach wie vor ungelöst. Bekannt ist lediglich, dass hier ein hohes Anwendungspotential liegt. So wäre es zum Beispiel durch ein langfristiges Monitoring der Lebensgewohnheiten möglich Risikofaktoren für eine Vielzahl von Krankheiten zu erkennen. Auch die Unterstützung von Personen mit kognitiven Erkrankungen, beispielweise Demenz, wurde als eine wichtige Anwendung identifiziert. In der industriellen Produktion zeigt sich bereits, dass die genaue, automatische Erfassung von einzelnen Arbeitsschritten in der Ausbildung bei Fehlervermeidung und Sicherheit eine wichtige Rolle spielen kann.
Um solche Anwendungen zu ermöglichen, wird im Projekt „CoCoRec“ ein neuer Ansatz für die Aktivitätserkennung mit einfachen Sensoren und mobilen Geräten entwickelt, der auf spontaner Kollaboration zwischen mehreren Systemen basiert. Die Grundidee besteht darin, dass nicht nur die Informationen von den Geräten eines einzelnen Benutzers verwendet werden, sondern auch Hintergrundwissen zwischen Geräten verschiedener Nutzer ausgetauscht wird. Das Hauptziel des Projektes ist es damit, Modelle und Algorithmen als Grundlage für die Anwendung von kollaborativen Kontexterkennungssystemen in der realen Welt zu schaffen.
Dabei werden mehrere Systeme berücksichtigt, von denen jedes die Situation aus einer anderen Sicht betrachtet und anderes „Vorwissen“ mitbringt. Randbedingungen des Zusammenhangs zwischen Zustand und Aktivität einer Person werden in Betracht gezogen und verschiedene Fehlerquellen berücksichtigt. Durch diese Kollaboration der Systeme kann die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Kontexterkennung verbessert werden. Zudem werden die Systeme genutzt, um andere wiederum anzulernen und durch Kooperation die Nutzung von bislang unberücksichtigten Sensoren zu ermöglichen.
„Grundlegende Fragestellungen von CoCoRec sind unter anderem, wie Systeme, die unabhängig voneinander entwickelt wurden, eine gemeinsame Kontextrepräsentation als Grundlage für die Kollaboration finden können, sowie das Zusammenspiel von Reasoning und Machine Learning Verfahren der einzelnen Systeme mit komplexitätstheoretischen Modellen, die das Verhalten des Systems als ganzes beschreiben“, so Prof. Dr. Paul Lukowicz, Leiter des Forschungsbereiches Eingebettete Intelligenz am DFKI.
Stichwort Datenschutz
Ein besonderes Augenmerk richten die Wissenschaftler des DFKI bei CoCoRec auf das Thema Datenschutz. Denn der praktische Einsatz der kollaborativen Aktivitätserkennung wirft dabei auch etliche juristische und ethische Frage im Bezug auf Privatsphäre, Persönlichkeitsrechte, Sicherheit und Datenschutz auf. Um sicherzustellen, dass die Ergebnisse des Projekts die entsprechenden Rahmenbedingungen erfüllen und in der Praxis verwendet werden können, wird das Projekt durch entsprechende Beratungs- und Bewertungsmaßnahmen begleitet.
Der Forschungsbereich „Eingebettete Intelligenz“ am DFKI Standort Kaiserslautern wird von Prof. Dr. Paul Lukowicz geleitet. Im Zentrum der Forschungsarbeit steht die Entwicklung innovativer Lösungen auf dem Gebiet der vernetzten Sensor-Aktuatorsysteme und dem der energieeffizienten Nutzung von Systemen, auf dem Gebiet Cyber-Physischer und Sozial-Interaktiver Systeme sowie Wearable, Ubiquitous, und Pervasive Computing.
Kontakt:
Prof. Dr. Paul Lukowicz
Forschungsbereich Eingebettete Intelligenz
Tel.: 0631 20575 2000
Paul.Lukowicz@dfki.de