- Projekt ReCircE soll helfen Ressourcen zu sparen
- BMU fördert Recycling-Projekt
Kunststoffmüll ist ein Problem. Weltweit. Der Grund: Kunststoff ist meist verbaut und Teil eines komplexen Produktes: Auto, Kühlschrank, Lederschuh oder Smartphone. Materialanalyse, -trennung und Recycling wären ein Lösungsansatz. Hier setzt das Projekt „Digital Lifecycle Record for the Circular Economy“ – kurz ReCircE – an. Es will mithilfe von Künstlicher Intelligenz ein umfassendes Recyclingverfahren entwickeln. Teil des Projektes ist ein digitaler Produktpass. Er soll Transparenz über die gesamte Wertstoffkette schaffen, um die Verwertung von Kunststoffen aus hochentwickelten Produkten zu erleichtern.
Der Teufel steckt im Detail
Für die Wiederverwertung von Kunststoff in Form von Verpackungen, Folien oder Tüten ist bereits eine Sortiertechnik mittels Nahinfrarot-Spektrometrie etabliert. Die Technik erkennt die häufigsten Polymere und kann sie automatisiert sortieren. „Aber das klappt nicht bei Kunststoffen aus komplexen Produkten mit sehr hoher Materialvielfalt, die vielleicht auch noch Schadstoffe enthalten“, erklärt Projektleiterin Dr. Christiane Plociennik, Mitarbeiterin am DFKI-Forschungsbereich „Innovative Fabriksysteme“. Deshalb greifen Hersteller meist auf neues Kunststoffgranulat zurück, während die Recyclingprodukte aus Qualitäts- oder Kostengründen liegenbleiben. Dabei können die Molekülketten von Kunststoffen theoretisch bis zu 20-mal eingesetzt werden. Aber dafür muss der Recyclingprozess entscheidend verbessert werden. „Wir wollen sensorgestützte Sortierverfahren mit den Möglichkeiten des maschinellen Lernens sowie unserem digitalen Produktpass kombinieren“, erklärt Plociennik. „Da setzt ReCircE an." Das Projekt ist Teil des DFKI-Kompetenzzentrums KI für Umwelt und Nachhaltigkeit (DFKI4planet) und wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) im Rahmen des Förderprogramms „KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen" gefördert.
Theorie und Praxis im Netzwerk
Im ReCircE-Projekt arbeiten das DFKI, die TU Darmstadt, die Firma GreenDelta, die Fraunhofer-Einrichtung IWKS und das Unternehmen Papier-Mettler aus Rheinland-Pfalz zusammen. Die Fraunhofer-Einrichtung IWKS verfügt über eine Sortieranlage, die mittels Infrarottechniken und 3D-Objektkonstruktion die Zusammensetzung von Müll analysieren kann. „Im Projekt kommt nun noch KI dazu: Wir möchten die Anlage anhand von Sensordaten mit Methoden des maschinellen Lernens trainieren“, so Plociennik. Zukünftig soll KI die einzelnen Molekülketten erkennen und das geschmolzene Plastik so weiterbearbeiten, dass es in die jeweiligen Fraktionen zerfällt. Ziel sind vier oder fünf reine Sorten, deren Qualität mit Primärkunststoffen vergleichbar ist. Das Unternehmen Papier-Mettler wird das neue Verfahren in der Praxis testen. Zunächst soll der Anteil von Rezyklaten bei Plastiktüten und einfachen Folien von derzeit 80 auf nahezu 100 Prozent steigen. Der Einsatz von recyceltem Granulat ist später auch für hochwertige Industriefolien geplant.
Digitaler Produktpass
Bisher erfahren Betriebe wie Papier-Mettler nur unzureichend, welche Inhaltsstoffe ein bestimmtes Produkt überhaupt enthält. Deshalb sortieren sie es im Zweifel aus. 2013 wurden 57% der Kunststoffe verbrannt (energetische Verwertung). „Hier kann der geplante digitale Produktpass helfen“, sagt Plociennik. „Alle Beteiligten wären über alle Stationen des Stoffkreislaufs hinweg informiert, über Materialien, Verarbeitung und Entsorgung.“ Die aus dem Forschungsprojekt ReCircE gewonnenen Erkenntnisse kommen über die SmartFactory Kaiserslautern der Industrie zugute. Dort werden sie im Partnerkreis technisch weiterentwickelt und Teil der Zukunftsvision Production Level 4.
„Ressourceneffizienz ist ein wichtiger Punkt für die Unternehmen, aber auch für unsere Vorstellung von der Produktion der Zukunft“, erklärt Prof. Martin Ruskowski, Leiter des DFKI Forschungsbereiches Innovative Fabriksysteme und Vorstandsvorsitzender der SmartFactory-KL. „Ein digitaler Produktpass ermöglicht perspektivisch hoffentlich die Wiederverwertung aller Materialien.“ Doch dazu bedarf es der Mitwirkung vieler Unternehmen weltweit. „Bis dahin ist es natürlich noch ein weiter Weg“, sagt Plociennik. „Aber jede lange Reise beginnt mit einem ersten Schritt!“