Publication
Augmented Reality zur Förderung globaler Kohärenzbildungsprozesse beim Experimentieren im Sachunterricht
Kristin Altmeyer; Sarah Malone; Sebastian Kapp; Michael Barz; Luisa Lauer; Michael Thees; Jochen Kuhn; Markus Peschel; Daniel Sonntag; Roland Brünken
Tagung der Fachgruppe Pädagogische Psychologie, PaePsy, 2021.
Abstract
Augmented Reality (AR) lässt sich als eine Form virtueller Umgebungen auf einem Realitäts-Virtualitäts-Kontinuum (Milgram & Kishino, 1994) der gemischten Realität zuordnen. AR erweitert die Realität durch die Integration virtueller Objekte. Ein vielversprechendes Anwendungsgebiet für AR im Bildungsbereich bietet das technologiegestützte Experimentieren:
Experimente bilden ein wesentliches Merkmal der Naturwissenschaften und werden im MINT-Unterricht eingesetzt, um Zusammenhänge zu untersuchen. Bisherige Forschung deutet darauf hin, dass bereits Kinder im Grundschulalter (natur)wissenschaftliches Denken und die Fähigkeit zum Experimentieren entwickeln können (z.B. Osterhaus et al., 2015). Um Ursache-Wirkung-Beziehungen aus einem Experiment abzuleiten, müssen Lernende meist reale Informationen der Experimentierumgebung mit virtuellen Informationen, wie z.B. Messwerten auf Messwertdisplays, mental verknüpfen. Im Sinne der Cognitive Theory of Multimedia Learning (Mayer, 2005) und der Cognitive Load Theory (Sweller et al., 1998) stellt die Verknüpfung räumlich getrennter Informationen eine besondere Herausforderung an das Arbeitsgedächtnis dar. AR kann dazu genutzt werden, reale und virtuelle Informationen beim Experimentieren integriert darzustellen. Vorausgehende Studienergebnisse (z.B. Altmeyer et al., 2020) implizieren, dass AR die globale Kohärenzbildung (Seufert & Brünken, 2004) unterstützt und zu besseren Lernergebnissen führen kann (Altmeyer et. al., 2020).
In der vorliegenden Studie wurde der Effekt von AR-Unterstützung beim Experimentieren in einer Stichprobe von Grundschulkindern untersucht. Nach einem Vorwissenstest führten 59 Kinder Experimente zu elektrischen Schaltkreisen durch. Einer Gruppe wurden Echzeit-Messwerte für die Stromstärke in einer Tabelle auf einem separaten Tabletbildschirm präsentiert. Dagegen sah die AR-unterstützte Gruppe die Messwerte beim Blick durch eine Tabletkamera in die Experimentierumgebung integriert. Während des Experimentierens wurden die Blickbewegungen der Kinder erfasst. Danach bearbeiteten beide Gruppen Posttests, welche in ihren Anforderungen an die globale Kohärenzbildung zwischen realen und virtuellen Elementen beim Experimentieren variierten. Erste Ergebnisse zeigen, dass Kinder insbesondere hinsichtlich Aufgaben, die eine starke globale Kohärenz erfordern, von der AR-Umgebung profitieren. Blickbewegungsanalysen sollen weitere Aufschlüsse über den Prozess der Kohärenzbildung während des Experimentierens in AR geben.