Führende Vertreter aus Industrie, Wissenschaft und Politik haben am 08. Januar am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) den Startschuss für die Einrichtung der Forschungsplattform Smart Data Innovation Lab (SDIL) gegeben. Durch die Bereitstellung einer Höchstleistungsinfrastruktur sowie Daten aus Industrieprozessen werden wichtige Voraussetzungen für die Spitzenforschung im Bereich Big Data geschaffen. Durch die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten können so auch neueste Forschungserkenntnisse effizient an die Industrie weitergegeben werden und zu entscheidenden Wettbewerbsvorteilen für europäische Unternehmen beitragen.
„Smart Data werden zur vorausschauenden Wartung, zur Effizienzoptimierung sowie zur Erreichung des optimalen Betriebspunktes genutzt werden. Das spart bis zu 30% Material, Energie, Kosten und Arbeitsaufwand und schont die Umwelt“, erklärte Prof. Wolfgang Wahlster, CEO des DFKI im Rahmen der Paneldiskussion mit Jim Hagemann Snabe, Co-CEO SAP AG, Karl-Heinz Streibich, CEO Software AG, Dr. Wolfgang Heuring, Siemens AG und Prof. Wilfried Juling, KIT. „In den meisten Fällen erreicht man diese Mehrwerte aber nur, wenn die Auswertung auch in Echtzeit geschieht, so dass Ergebnisse der Smart Data Analyse direkt in die Prozesssteuerung einfließen können - sozusagen Smart Data Analytics in the loop. Wir haben solche Systeme nicht nur in unserer weltweit ersten Smart Factory für Industrie 4.0 zusammen mit 20 Industrieunternehmen in einer Testfabrik am DFKI entwickelt, sondern erproben die Verfahren jetzt auch in entsprechend aufgerüsteten Fabrikanlagen zum Beispiel im Bereich der Bierabfüllung, der Medikamenten-Verpackung oder bei der Ventilproduktion“, so Wahlster.
„Die digitalen Datenmengen wachsen in unserer Gesellschaft rasant. Wir brauchen neue Instrumente, um sie zu managen und als Wissensquellen nutzbar zu machen“, sagte Professorin Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung und Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe „Bildung und Forschung für die digitale Zukunft“ des Nationalen IT-Gipfels. So sei das Smart Data Innovation Lab und die dort der Forschung verfügbar gemachten Daten eine optimale Ergänzung, um die Forschung auf diesem Gebiet weiter voranzutreiben.
„Durch den Fokus auf Themen wie Industrie 4.0 oder personalisierte Medizin gewinnen wir Erkenntnisse, die nicht nur zur Lösung wirtschaftlicher, sondern auch gesellschaftlich relevanter Herausforderungen beitragen“, sagte Jim Hagemann Snabe, Co-CEO SAP AG. „Das erreichen wir auch durch eine Erweiterung des Netzwerkes in Richtung kleiner Unternehmen. Innovative Ideen kommen vor allem von diesen jungen Unternehmen und es ist unsere Aufgabe, sie aktiv zu unterstützen.“
Praktische Ergebnisse zu den Chancen von Smart Data für das Management von Megaevents präsentierte Prof. Dr. Paul Lukowicz, DFKI-Forschungsbereichsleiter Eingebettete Intelligenz. Die in seinem Forschungsbereich entwickelten Systeme für Crowd Management und Crowd Sensing im öffentlichen Raum erlauben die Erstellung von Echtzeit-Heatmaps der Besucherdichte und der Besucherbewegung für ein effektiveres und effizienteres Notfall- und Krisenmanagementsystem. Die DFKI-Wissenschaftler um Prof. Lukowicz arbeiten seit Jahren an Crowd Sensing- und -Management-Systemen, die weltweit bei Großveranstaltungen wie den Olympischen Spielen 2012 in London, der Krönung des Niederländischen Königs 2013 in Amsterdam, dem Wien-Marathon oder der Londoner Lord Mayors Show eingesetzt wurden. Damit erhöhen sie die Sicherheit während der Veranstaltung und helfen Katastrophen zu vermeiden, sie unterstützen die Post-Event Analyse und verbessern die Planung zukünftiger Veranstaltungen. Zudem werden die DFKI-Forscher im Rahmen des Projekts RESCUER eine Technik entwickeln, die den Datenaustausch innerhalb einer Menschenmasse auch bei Zusammenbruch der Infrastruktur ermöglicht: ein Ad-hoc-Netzwerk ("Opportunistic Delay Tolerant Network") soll dafür sorgen, dass Mobilfunkgeräte untereinander ein Netz aufbauen und Informationen austauschen können, selbst wenn das offizielle Netz nicht verfügbar ist. Eingesetzt werden sollen diese Ergebnisse in Brasilien im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft 2014.
Das SDIL, das in Zusammenarbeit zwischen Industrie und Forschung konzipiert wurde, wird am KIT betrieben. Neben dem Betreiber zählen Bayer, Bosch, Microsoft Deutschland, SAP, Siemens und die Software AG ebenso zu den Gründungspartnern wie das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), die Fraunhofer-Gesellschaft und das Forschungszentrum Jülich. Darüber hinaus unterstützen bereits heute mehr als 20 weitere Unternehmen sowie Institutionen das SDIL. Dazu zählen Unternehmen wie Infineon, Trumpf und Volkswagen sowie der Branchenverband Bitkom und die Deutsche Gesellschaft für Informatik (GI). Das SDIL steht weiteren interessierten Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft zur Mitarbeit offen. Ein besonderer Fokus des SDIL liegt auch auf der Förderung von kleinen Unternehmen, die von den Kontakten zu etablierten Anbietern profitieren und völlig neue Lösungen und Dienstleistungen im Umfeld von Big Data anbieten können.
Die Arbeitsgruppen für die aktuellen vier Forschungsfelder, Industrie 4.0, Energiewende, Smart Cities und Personalisierte Medizin, werden von jeweils einem Vertreter aus Wissenschaft sowie Industrie geleitet. Die Arbeitsgruppen entscheiden gemeinschaftlich über die Ausgestaltung und Vergabe der Ressourcen des SDIL für Forschungsprojekte. Weitere Forschungsschwerpunkte sind im Laufe der Zeit geplant. DFKI-Forscher haben die wissenschaftliche Leitung im Anwendungsgebiet Industrie 4.0 sowie im Querschnittsthema Data Curation.
Die Wissenschaftler erhalten im Rahmen abgegrenzter Projekte Zugang zu Daten aus Industrieprozessen, die auf der Plattform sicher gespeichert sind. Die Analyse der Daten, beispielsweise die Beschreibung und Strukturierung von spezifischen Datensätzen oder auch das Auffinden von Anomalien, erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Unternehmenspartner, wodurch ein schneller Wissens- und Technologietransfer möglich wird. Die beteiligten Forschungsinstitute werden außerdem allgemeingültige Werkzeuge und Methoden zur Datenanalyse entwickeln, die über die Plattform allen Teilnehmern des Smart Data Innovation Lab zur Verfügung gestellt werden können.
Das Konzept für die Forschungsplattform wurde in der Arbeitsgruppe „Bildung und Forschung für die digitale Zukunft“ des Nationalen IT-Gipfels der Bundesregierung entwickelt. Die Arbeitsgruppe konzentriert sich auf die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften sowie Forschung für die digitale Zukunft und verwirklichte in dem Zusammenhang bereits zwei erfolgreiche Initiativen: Software Campus Netzwerk (2011) und Academy Cube (2012).
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