- Verschiedene Edge Devices in der SmartFactoryKL-Produktionsanlage demonstriert
- Datenauswertung in der Cloud mittels standardisierter Schnittstelle umgesetzt
- Vorteile im anschaulichen Use Case auf Messe-Stand zu erleben
Wie kann eine existierende Produktionsanlage digitalisiert werden? Dies ist eine zentrale Frage zur vertikalen Integration, die sich viele produzierende Unternehmen beim Nachrüsten ihrer bestehenden Brownfield-Anlagen stellen. Das Partnerkonsortium der SmartFactoryKL-Industrie 4.0-Produktionsanlage stellt verschiedene Lösungen auf dem Gemeinschaftsstand von SmartFactoryKL und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) auf der Hannover Messe in Halle 8, Stand D18 vom 24. bis 28. April 2018 aus. Verschiedene Edge Devices der Partnerunternehmen kommen dabei zum Einsatz: Technisch unterschiedlich aufgebaut, ist ihre Aufgabe jedoch dieselbe: sie sammeln Zustandsdaten der Produktionsmaschinen, die sie mittels standardisiertem Kommunikationsprotokoll OPC UA über die bestehende Integrationsschicht an eine Cloud-Plattform verarbeitet weiterleiten. Durch die smarte Datenauswertung können im Sinne des Condition Monitoring (Zustandsüberwachung) Rückschlüsse auf den Zustand der Anlage gezogen und beispielsweise Wartungsarbeiten bedarfsgerecht (Predictive Maintenance) eingeleitet werden.
Die Industrie 4.0-Anlage des SmartFactoryKL -Partnerkonsortiums ist grundsätzlich für die vertikale Integration ausgelegt, was dieses Jahr einen Schwerpunkt des Auftritts auf der Hannover Messe darstellt. „Mit dieser Thematik adressieren wir gemeinsam mit unseren Partnern aktuelle Fragestellungen der produzierenden Industrie rund um die Weiterentwicklung und das smarte Aufrüsten von Brownfield-Anlagen“, so Prof. Dr. Detlef Zühlke, Vorstandsvorsitzender der SmartFactoryKL. Wurden an der Anlage verschiedene Zustände wie Energieverbräuche bisher in den extern angeschlossenen Infrastruktur-Boxen gemessen, so können jetzt Zustandsmessung und Datensammlung in den Modulen direkt erfolgen. Der Einsatz von Edge Devices macht dies möglich.
An der Industrie 4.0-Anlage sind mehrere Edge-Device-Lösungen eingebaut. Dabei wird der herstellerübergreifende Ansatz, auf dem die Anlage basiert, bewahrt, denn diverse Edge Devices verschiedener Hersteller kommen zum Einsatz. An der Schnittstelle zur Steuerung, dem "South-Bound Interface", haben die Partnerunternehmen unterschiedliche technische Ausführungen realisiert. In allen Fällen sorgen zusätzlich implementierte Sensoren dafür, dass Zustandsdaten wie Durchfluss von Druckluft bei pneumatischen Aktoren, Energieverbrauch von elektrischen Verbrauchern oder Steuerungsdaten gemessen werden. Allen Lösungen gemein ist jedoch, dass ihre IT-Schnittstelle, das sogenannte „North-Bound Interface“, einheitlich über OPC UA angeboten wird, dem vom SmartFactoryKL-Partnerkonsortium festgelegten Kommunikationsprotokoll. Über eine Umwandlung an der Integrationsschicht werden die Daten sicher über das MQTT-Protokoll an die SmartFactoryKL-Cloud zur Analyse gesendet, um den maximalen Mehrwert daraus zu erzielen.
Beispiel: Condition Monitoring am Wägemodul
Ein Beispiel für den Einsatz von Edge Devices findet sich am Wägemodul zur Qualitätssicherung. In diesem Produktionsmodul wird der individualisierte Visitenkartenhalter gewogen, um somit einen Rückschluss auf den korrekten Komponentenumfang zu ziehen. Es handelt sich hier um eine bestehende, ältere Waage, die weder Daten aufzeichnet noch OPC UA-fähig ist. Deshalb hat der Modulhersteller die bestehende Waage mit einem Edge Device nachgerüstet. Es liest die verschiedenen Zustandsdaten wie Temperatur, Über- und Unterlast sowie Stabilisierungszeit, die der Sensor erfasst, aus der Waage aus, zeichnet sie auf, verrechnet sie und fasst sie zu einer Zustandsmeldung via OPC UA an die Cloud zusammen.
Die Stabilisierungszeit ist ein wesentliches Kriterium, um die Funktionalität der Waage zu überprüfen. Befindet sich zum Beispiel die Stabilisierungszeit außerhalb des definierten Korridors, können durch eine Datenanalyse Rückschlüsse auf eine Störung an der Waage selbst oder in der Umgebung gezogen werden. Eine plötzlich auftretende Vibration eines benachbarten Motors oder eine Verunreinigung der Waage können möglicherweise hierfür Auslöser sein. Im Sinne der vorausschauenden Wartung können nun Wartungsarbeiten am Motor und an der Waage bedarfsgerecht geplant und vorgenommen werden, anstatt nach einem festgelegten Wartungsintervall zu agieren.
Vorteile durch den Einsatz von Edge Devices
Für die Anwender von Edge Devices ergeben sich folgenden Vorteile:
- Ermöglichung von Informationsaustausch mit IT-Systemen;
- Ermöglichung neuer Datenaufnahme ohne Eingriff in das SPS-Programm;
- Informationsvorverarbeitung für Datenanalyse (Data Analytics) und vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance);
- Durchführung von Analyse und Optimierung von Produktionsprozessen, direkt an den Maschinen.
Für den Hersteller von Edge Devices sind folgende Vorteile erkannt:
- Nutzung als Hardware für gemeinsame Schnittstellen und Informationsmodelle (Konzept der Verwaltungsschale);
- Zugang zu aggregierten Anwenderdaten für F&E-Abteilung ohne Sicherheitsrisiken beim Anwender.
Die Partner des SmartFactoryKL-Industrie 4.0-Demonstrators sind:
Belden/Hirschmann, Bosch Rexroth, B&R Automation, EPLAN Software & Service, Festo, HARTING, Huawei, IBM, KIST Europe, LAPP KABEL, METTLER TOLEDO, MiniTec, PHOENIX CONTACT, Pilz, proALPHA, SAP, Siemens, TÜV SÜD, Weidmüller
Hintergrund – Fachbegriffe einfach erklärt: Vertikale Integration & Edge Devices
Die vertikale Integration oder Digitalisierung von bestehenden Produktionsanlagen (Brownfield) wird durch das Nachrüsten mit Edge Devices einfach ermöglicht. Die ohnehin vorhandenen Daten innerhalb der Steuerungen und Module werden von angebrachten Sensoren ausgelesen, über smarte Konnektoren (Edge Devices) gesammelt, in strukturierte Kommunikationswege gelenkt und in IoT-Plattformen oder Clouds zusammengeführt. Die vertikale Integration bezeichnet dabei den Vorgang, bei dem Maschinenzustandsdaten von der untersten Sensorebene bis in die Cloud-basierte Umgebung transportiert und integriert werden (Condition Monitoring). Die somit erreichte Verfügbarkeit von einer Vielzahl von Maschinendaten erlaubt es, Informationen herauszuziehen, diese auszuwerten (Data Analytics) und Aussagen über Maschinenzustände zu treffen (Predictive Maintenance), was in der Vergangenheit nicht ohne Eingriff in die Steuerungsebene von Maschinen unter großem Aufwand und Risiko möglich war. Kurz gesagt bezeichnet die vertikale Integration den "Einblick" in eine Maschine auf Datenebene. Durch die Daten können Rückschlüsse über Zustand und Performanz bestehender Maschinen, Module und Anlagen gezogen werden, was sich letztendlich auf Kennwerte wie Produktqualität, Produktivität oder Kosteneffizient positiv auswirkt.
Über die Technologie-Initiative SmartFactory KL e.V
Die Technologie-Initiative SmartFactory KL e.V. wurde 2005 als gemeinnütziger Verein gegründet, um erstmals Akteure aus Industrie und Forschung in einem Industrie 4.0-Netzwerk zusammenzubringen und gemeinschaftlich Projekte zur Fabrik der Zukunft durchzuführen. Die im Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern beheimatete SmartFactoryKL ist eine weltweit einzigartige herstellerunabhängige Demonstrations- und Forschungsplattform. Hier werden innovative Informations- und Kommunikationstechnologien und deren Einsatz in einer realitätsnahen industriellen Produktionsumgebung getestet und weiterentwickelt. Die Technologie-Initiative hat, durch die aktive Beteiligung ihrer Mitglieder, bereits erste Produkte und Lösungen sowie gemeinschaftliche Standards im Bereich Industrie 4.0 etabliert. SmartFactoryKL wurde 2016, zusammen mit weiteren Kompetenzträgern aus der Region, vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zum Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kaiserslautern ernannt.
www.smartfactory.de