Im Eisenbahnbetrieb sind die Möglichkeiten, Daten zu sammeln und Methoden des Data Mining anzuwenden, bislang begrenzt: Oftmals werden zwar die betrieblich anfallenden Daten gesammelt, konzentriert und ausgewertet, allerdings erlauben Systeme wie der ICE nur eine manuelle Sammlung von Daten, z. B. per USB-Stick von einer Blackbox, dem sogenannten Juridical Recorder. Daher besteht die Notwendigkeit, zu untersuchen, wie diese Daten automatisiert gesammelt, aufbereitet und ausgewertet werden sollten, um einen möglichst hohen Mehrwert zu generieren.
In komplexen Systemen wie z.B. dem ICE sind nur wenige Fehler auf einzelne Komponenten zurückzuführen - dabei spielt das Zusammenspiel mehrerer Komponenten sowie das daraus resultierende Verhalten eine Rolle. Die anfallenden Daten sind sehr heterogen und in der Regel abhängig vom jeweils vorliegenden Betriebszustand.
Im Falle betrieblicher Störungen oder unerwartetem Fehlverhalten von Systemen ist daher häufig eine große Anzahl von Experten und ein hoher Zeitaufwand notwendig, um Fehlerursachen zu lokalisieren. Ein Grund dafür ist die Vielzahl von aufgezeichneten Daten-Zeitreihen, die aus heterogenen Quellen stammen, sie reichen von Sensordaten über betriebliche Datentelegramme bis hin zu Mensch-Maschine-Interaktionen.
Eine rein maschinelle oder eine maschinell-menschlich-unterstützte Auswertung dieser Daten kann für eine wesentlich effizientere Aufklärung von Störungen sorgen und zudem eine prognostizierbare Instandhaltung ermöglichen. Die Auswertungen und die damit verbundenen Aktionen sollen dabei allerdings selbsterklärend und für den Experten nachvollziehbar sein.
„Wir haben untersucht, inwiefern man Predictive Maintenance auf Fehlern innerhalb eines ICE am Beispiel von Klimaanlage durchführen kann“ erläutert Dr. Sven Schmeier, Chief Engineer am DFKI in Berlin. „Neben dem Klassifizieren ‚Es wird in den nächsten Tagen einen Fehler geben‘ wird auch die entsprechende Begründung geliefert, zum Beispiel ‚Die Außentemperaturen liegen bei über 30 Grad Celsius, die Ventilatorzentrifuge zeigt Vibrationstoleranzen und die Kühlrohrreinigung liegt zwei Monate zurück.‘“
Im Projekt AGEME wurde ein Konzept für ein erklärbares, datengetriebenes Warnsystem für komplexe Systeme wie einen ICE beschrieben. Das Konzept sieht eine Standard-Datenschnittstelle vor und liefert damit auch einen wesentlichen Beitrag zur Normungsroadmap KI des Deutschen Instituts für Normung e.V. (DIN), der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik iund das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Außerdem entkoppelt es die Anwendung von der KI-Analyse, so dass auch KI-Verfahren einfacher anwendbar und besser vergleichbar werden.
Die Erklärungen für die Warnungen werden einer Form präsentiert, die zum einen für die beteiligten Experten aber auch für KI-ferne Anwender nützlich sind. Ob und wie ein solches Warnsystem aus wissenschaftlicher Sicht effektiv und in vollem Umfang implementierbar ist und ob die Ergebnisse aus Bahnsicht zu weiterer Automatisierung führen können, soll in einem Anschlussprojekt erforscht werden.
AGEME wurde vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen der Förderlinie Modernitätsfonds („mFUND“) mit 98.477,60 Euro gefördert.