Assistive Gesundheitstechnologien helfen sowohl gesunden als auch chronisch kranken oder behinderten Menschen, ihre Lebensqualität zu erhalten oder zu verbessern. Geräte, Ausrüstungen, Software und Systeme unterstützen dabei, gesund zu leben, alltägliche Aktivitäten zu bewältigen und mit anderen zu kommunizieren. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und zunehmender Engpässe in der medizinischen Versorgung, insbesondere in ländlichen Regionen, sind solche KI-basierten Assistenztechnologien für das häusliche Umfeld nicht nur hilfreich, sondern für eine optimale und lückenlose Gesundheitsversorgung unverzichtbar.
Der neue Lübecker Forschungsbereich KI für Assistive Gesundheitstechnologien widmet sich der Entwicklung von Verfahren der Künstlichen Intelligenz zur automatisierten Analyse heterogener, personenbezogener Daten. Diese Daten stammen beispielsweise aus Wearable-Sensoren und werden genutzt, um gesundheitsbezogene Entscheidungen zu individualisieren und zu personalisieren. Im Mittelpunkt stehen wissens- und lernbasierte Verfahren der Mustererkennung. Ziel ist es, durch intelligente Datenauswertung präzisere Gesundheitsempfehlungen und Behandlungsstrategien zu ermöglichen. Dieser Ansatz verspricht, die Effizienz der Gesundheitsversorgung zu steigern und gleichzeitig die Behandlungsqualität durch maßgeschneiderte, patientenspezifische Lösungen zu verbessern.
„Betrachtet man die verschiedenen Ebenen der Gesundheitsversorgung, so liegen unsere Einsatzbereiche vor allem in der Prävention, der Frühdiagnostik, der Rehabilitation und der Pflege. Darüber hinaus setzen wir vor allem auf das kontinuierliche Monitoring im Alltag und im häuslichen Umfeld. Dabei nutzen wir die großen Mengen an Sensordaten, die uns die Betroffenen über ihre mobilen Geräte zur Verfügung stellen“, charakterisiert Prof. Dr. Grzegorzek die Anwendungsszenarien seiner Forschung.
„Mit dem neuen Forschungsbereich KI für Assistive Gesundheitstechnologien erweitert das DFKI sein Portfolio im Bereich Künstliche Intelligenz für Medizin und Gesundheit. Wir entwickeln bereits seit einiger Zeit Methoden der medizinischen Bild- und Signalverarbeitung, die Diagnostik und Therapie unterstützen. Der neue Forschungsbereich zielt nun darauf ab, auch die Einsatzmöglichkeiten von KI an der Peripherie der Behandlung von Erkrankungen zu erforschen. Wir freuen uns sehr, mit Marcin Grzegorzek einen auf diesem Gebiet äußerst renommierten Wissenschaftler gewonnen zu haben.“
„Der neue Forschungsbereich „KI für Assistive Gesundheitstechnologien“ wird in Zukunft dazu beitragen, kranken Menschen mittels moderner technischer Systeme eine optimale Versorgung anzubieten. In Lübeck forschen und lehren wir unter dem Motto „im Focus das Leben“ – dazu gehören unserer Überzeugung nach auch neue Technologien und zukunftsweisende Technik im Gesundheitsbereich. Ich wünsche dem Vorhaben viel Erfolg und bin mir sicher, dass der Forschungsbereich eine gelungene Erweiterung unserer Expertise sein wird.“ sagt Prof. Dr. Gabriele Gillessen-Kaesbach, komm. Präsidentin der Universität zu Lübeck.
Im Fokus steht die Entwicklung von KI-Verfahren, die datengetrieben komplexe Zusammenhänge lernen und die Grenzen klassischer mathematischer Modelle überwinden. Die Forschung adressiert dabei folgende Probleme: die Integration klassischer Signalverarbeitung mit KI-Methoden, automatisierte Datenerzeugung (Data Augmentation), Minimierung von Trainingsbias, Transfer von vortrainierten Modellen (Transfer Learning), Auflösung unerwünschter Merkmalsverflechtungen (Disentanglement), Erklärbarkeit und Interpretierbarkeit von KI, adaptive Anpassung an Schwankungen in der Datenverteilung und Optimierung für ressourcenbeschränkte Umgebungen (Edge AI).
Der Forschungsbereich KI für Assistive Gesundheitstechnologien strebt eine enge Zusammenarbeit mit Unternehmen und Einrichtungen des Gesundheitswesens an, die ihre Prozesse, Dienstleistungen und Produkte durch KI-gestützte Analysen verbessern wollen. Mit seiner methodischen und anwendungsorientierten Expertise auf dem Gebiet der Fusion, Klassifikation und Interpretation von multimodalen Wearable-Sensordaten empfiehlt sich der Forschungsbereich als Auftragspartner für die Entwicklung datenbasierter, individualisierter und personalisierter Gesundheitsdienstleistungen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Entwicklung und Zulassung von KI-basierten DiGAs (Digital Health Applications).
Prof. Dr.-Ing. habil Marcin Grzegorzek ist Leiter des Forschungsbereichs KI für Assistive Gesundheitstechnologien am DFKI-Labor Lübeck. Seit 2018 ist er Professor für Medizinische Informatik an der Universität zu Lübeck und leitet dort die Arbeitsgruppe Medical Data Science.
Marcin Grzegorzek studierte Informatik an der Schlesischen Technischen Universität in Gliwice (Diplom) und an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, wo er 2007 mit einer Arbeit im Bereich Mustererkennung promovierte. Bevor er nach Lübeck kam, war er Juniorprofessor an der Universität Siegen, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Koblenz-Landau und Forschungsassistent an der Queen Mary University of London.
Seine methodischen Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich lernbasierter und erklärbarer Verfahren der Mustererkennung zur Auswertung von heterogenen, personenbezogenen Daten, darunter Sensorsignale und Bilder. Die Resultate sind z.B. auf personalisierte Ernährung, diagnostische Bewegungsanalyse, Schmerzüberwachung und Schlafanalyse anwendbar. Zu seinen Forschungsaktivitäten zählt u.a. die Initiierung und Koordinierung des interdisziplinären und -sektoralen BMBF-Forschungsverbundes CogAge (Cognitive Village: Adaptiv-lernende technische Alltagsbegleiter im Alter). Zudem leitet er am Campus Lübeck das aus den EFRE-Mitteln finanzierte Forschungslabor KIBA zur ganzheitlichen Bewegungsanalyse und Therapieoptimierung mit Fokus auf das Gehen basierend auf KI-gestützter Reha-Robotik.
Marcin Grzegorzek ist Gründer und Gesellschafter der expandAI GmbH, eines Softwareunternehmens im Bereich Maschinelles Lernen sowie Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Perfood GmbH, eines Anbieters KI-gestützter individueller Ernährungsprogramme. Zudem arbeitet er sehr eng mit der Future-Shape GmbH zusammen, die den intelligenten Sensorboden SensFloor zur Ausstattung u.a. von Pflegeeinrichtungen anbietet.
Communications & Media DFKI Saarbrücken
Leiterin Communication & Media DFKI Lübeck/Bremen