Die CTU ist eine der ältesten und führenden technischen Universitäten Europas, gegründet vor 313 Jahren, und hat bislang seit 1905 nur 161 Ehrendoktoren ernannt - u.a. Nicola Tesla als Erfinder der drahtlosen Energieübertragung, den US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Woodrow Wilson sowie die Robotik-Pionierin Ruzena Bajcsy von der UC Berkeley.
Als Professor für Informatik an der Universität des Saarlandes war Wolfgang Wahlster ab 1988 Wissenschaftlicher Gründungsdirektor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), das er für über 20 Jahre bis Februar 2019 als weltweit größtes KI-Forschungszentrum auch als Vorsitzender der Geschäftsführung leitete. Er gilt heute als wissenschaftlicher Vater von „Industrie 4.0“.
An der Zeremonie nahmen als Ehrengäste u.a. der Vizepremier und Wirtschaftsminister Dr. Karel Havlíček, der deutsche Botschafter Dr. Christoph Israng sowie der Landes-CEO von Siemens Eduard Palíšek teil.
Nach einer ersten Ehrendoktorwürde für Professor Wahlster von der Universität Linköping in Schweden im Jahr 1998 folgten zwei weitere von der TU Darmstadt (2001) und der Universität Maastricht (2015) in den Niederlanden, so dass die Ehrung aus Tschechien nun die dritte internationale Ehrendoktorwürde ist.
Während in Linköping und Darmstadt seine vielzitierten Arbeiten im Bereich der Sprachdialogsysteme (u.a. Verbmobil und SmartKom) ausgezeichnet wurden, standen in Maastricht und Prag seine neueren Arbeiten zur Künstlichen Intelligenz (KI) für Industrie 4.0 (u.a. SemProM und Hybr-iT) im Vordergrund der Ehrung.
Seit Mitte der 70er Jahre reiste Professor Wahlster regelmäßig als Gastvortragender an die beiden Universitäten Prags, zunächst mit dem Schwerpunkt in der Computerlinguistik und Sprachdialogsysteme, zum Austausch mit den Forschergruppen um die Professoren Sgall und Hajicová und später mit dem Schwerpunkt Künstliche Intelligenz. Schon vor 20 Jahren setzte sich Wahlster als damaliger Präsident des europäischen KI-Verbandes für den KI-Standort Prag ein, indem er für die erstmalige Ausrichtung einer internationalen Sommerschule über Multiagentensysteme (MAS) der Professoren Štěpánková und Mařík an der CTU im Jahr 2001 eintrat. MAS sind eine der wichtigen technischen Grundlagen für die verteilte Produktionssteuerung in Industrie 4.0.
„Wolfgang Wahlster hat seit den 90ern mit mehreren Forschungsgruppen meiner Universität stets auf Augenhöhe kooperiert und hat geholfen, diese international konkurrenzfähig zu machen“, sagte Prof. Vojtěch Petráček, Rektor der CTU.
Im März 2016 haben die Professoren Mařík von CIIRC und Wahlster vom DFKI den ersten deutsch-tschechischen Workshop zu Industrie 4.0 in Prag geleitet. Dort wurde auch die nationale tschechische Initiative "Průmysl 4.0" als Pendant zur deutschen Plattform Industrie 4.0 erstmals international vorgestellt. Schon im gleichen Jahr wurde während des Staatsbesuches von Bundeskanzlerin Dr. Merkel ein Kooperationsvertrag zwischen CIIRC und DFKI unterzeichnet, um ein gemeinsames Labor für die Mensch-Roboter-Kollaboration zu betreiben.
„Seit über 30 Jahren habe ich mit Wolfgang Wahlster zusammengearbeitet. Er hat früh erkannt, dass die CTU ein idealer Kooperationspartner ist, weil sie alle notwendigen Voraussetzungen für den Aufbau eines gemeinsamen Exzellenzzentrums hat“, sagte Prof. Vladimír Mařík, der Gründer von CIIRC.
Der bisher größte Erfolg der Zusammenarbeit ist das Leuchtturmprojekt RICAIP, das insgesamt mit ca. 50 Mio. EUR gefördert wird und einen sehr kompetitiven Selektionsprozess der EU erfolgreich durchlaufen hat. Die Berufung von Dr. Tilman Becker, einem langjährigen DFKI-Wissenschaftler, zum Leiter von RICAIP am CIIRC in Prag unterstreicht die vertrauensvolle Zusammenarbeit beider Partner.
Tschechien und Deutschland sind Industriestaaten mit einem gemeinsamen Schwerpunkt in der Automobilindustrie und dem Maschinenbau. Daher ist die vierte industrielle Revolution für beide Länder von höchster Bedeutung. Für die Umsetzung von Industrie 4.0 in wandelbaren Fabriken sind die Künstliche Intelligenz und das Internet der Dinge von fundamentaler Bedeutung. Aber nicht nur die Fertigung, sondern auch die Produkte und die damit verbundenen Services müssen digitalisiert werden, um auch in Zukunft globaler Leitanbieter im industriellen Sektor bleiben zu können.
In seiner Dankesrede sagte Prof. Wahlster: „Die intensive Zusammenarbeit zwischen CIIRC und DFKI als den beiden führenden Instituten auf dem Gebiet der Industriellen KI stellt sicher, dass beide Länder weiterhin Leitanbieter für die nächste Generation von smart factories bleiben. Meine Kooperation mit der CTU ist geprägt durch meinen tiefen Respekt vor der wissenschaftlichen Exzellenz am CIIRC, die Zuverlässigkeit aller tschechischen Projektpartner und die gemeinsamen Werte und Prinzipien“.