Während die letzte Roadshow des Forum Digitale Technologien im September 2019 an die kanadische Ostküste ging, werden 2020 Südkorea und Japan im Zentrum der außereuropäischen Aktivitäten des FDT stehen. Anfang Februar 2020 konnte eine Vertreterin des FDT an einer Delegationsreise des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie nach Seoul und Tokyo teilnehmen und so bereits im Vorfeld viele spannende Eindrücke über die beiden asiatischen Länder sammeln.
Die Reise begann am 4. Februar in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, die die Delegation mit strahlendem Sonnenschein und zweistelligen Minusgraden empfing. Südkorea, dessen Exportindustrie rund 40% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmacht, ist ein wichtiger Handelspartner Deutschlands. Insbesondere die unternehmerischen Großkonglomeraten, sogenannte Chaebols, wie Samsung, Hyundai oder LG, sind wichtige internationale Akteure. Gleichzeitig ist die südkoreanische Wirtschaft stark von ihnen abhängig, was sich schon daran erkennen lässt, dass alleine der Umsatz von Samsung fast 14% des südkoreanischen BIP ausmacht. Die mittelständische Wirtschaft ist schwächer ausgeprägt, wofür das im Juli 2017 gegründete Ministerium für Mittelstand und Startups versucht, Lösungen zu finden.
Südkorea ist international bekannt für seine Technologie-affine Bevölkerung und ausgesprochen effiziente Infrastruktur. Dies kann neuerdings auch in der Ausrollung von 5G beobachtet werden: Im April 2019 haben die drei koreanischen Telekommunikationsunternehmen SK Telecom, Korea Telekom und LG U+ das weltweit erste kommerzielle 5G Mobilnetz gestartet. Die Regierung unterstützt diese Entwicklung seit Anfang 2015 durch das 5G Strategy Promotion Committee und hat angekündigt, bis 2022 rund 25 Milliarden Euro in die Förderung zu stecken. Beim Besuch von SK Telekom wurden der Delegation verschiedene 5G-Anwendungsszenarien vorgestellt: Neben den klassischen industriellen Anwendungsfeldern im Bereich des autonomen Fahrens und Industrie 4.0, ist im privaten Gebrauch besonders die Spielebranche relevant. So soll eine hochauflösende und schnelle virtuelle Realität bald auch auf Smartphones ermöglicht werden.
Ein anderes wichtiges Thema für Südkorea ist Künstliche Intelligenz (KI). Dies ist insbesondere so, seitdem im März 2016 der südkoreanische Go-Champion Lee Sedol gegen die Google-Software AlphaGo verlor. Zwei Tage später verkündete die Regierung Investitionen in KI-Forschung in Höhe von umgerechnet 779 Millionen Euro. Im Dezember desselben Jahres veröffentliche sie einen Masterplan für die intelligente Informationsgesellschaft und im Mai 2018 einen umfassenden 5-Jahresplan für Forschung und Entwicklung im Bereich KI. So will Südkorea bis 2022 zu einem der vier wichtigsten KI-Länder weltweit werden und fördert Projekte insbesondere in den Bereichen Verteidigung, Gesundheit und innere Sicherheit.
Zwischen Deutschland und Südkorea sind bereits starke Partnerschaften etabliert – auch im Arbeitsbereich des BMWi. Zum einen über bilaterale Ausschreibungen durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM). Zum anderen sind zwei anwendungsorientierte Förderprojekte des BMWi eng mit südkoreanischen Partnern verbunden. So entwickelt die RWTH Aachen im Projekt GeniusTex eine Plattform für die Produktion von smarten Textilien und arbeitet dabei eng mit dem Korean Institute of Industrial Technology (KITECH) zusammen. Im Projekt OPTIMOS 2.0 arbeitet die Bundesdruckerei als Konsortialführer eng mit Samsung Electronics bei der Entwicklung einer offenen, praxistauglichen Infrastruktur für mobile Services zusammen. Die 20 Kilometer von Seoul entfernte Firmenzentrale von Samsung Electronics namens Samsung Digital City konnte bei der Delegationsreise zwar nicht besucht werden, ist aber mit 35 Tausend Mitarbeitenden in über 130 Gebäuden und dem Samsung Innovation Museum wohl einen Besuch bei der nächsten Roadshow wert.
Am 5. Februar ging es dann zwei Flugstunden weiter gen Osten. In Tokyo konnten bereits am ersten Morgen umfassende Eindrücke bei einem von der japanischen Außenhandelskammer organisierten Frühstück gewonnen werden. Dort gewährten Vertreterinnen und Vertreter von Startups und Konzernen ihre Einblicke zum japanischen Wirtschaftsleben. Besonders schwierig hätten es Startups in Japan, sagte ein Vertreter der Beratungsagentur Anchorstar, die Unternehmen beim japanischen Markteintritt unterstützen. Auch in Japan sind Großunternehmen prägend für Wirtschaft und Gesellschaft. Mitarbeitende arbeiten oftmals lebenslang bei dem gleichen Unternehmen und die Arbeitskultur ist bekannt für lange Arbeitstage und ungezählte Überstunden. Da gleichzeitig die Arbeitsproduktivität so gering ist wie in keinem anderen G7-Staat, hat ein neues Gesetz die Anzahl der Überstunden auf 100 begrenzt. Trotz der sehr besonderen Arbeitskultur erwirtschaftet das Land mit seinen 120 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern das drittgrößte BIP der Welt und ist auf Grund der konsumfreudigen Bevölkerung weniger auf Exporte angewiesen als viele seiner Nachbarn.
Gleichzeitig befindet sich die Gesellschaft in einem starken Wandel, den die Regierung durch die Strategie Society 5.0 zu gestalten versucht. In einem Land mit der weltweit am schnellsten alternden Bevölkerung werden Technologien wie Big Data und Künstliche Intelligenz als zentrale Lösungsansätze von gesellschaftlichen Problemen verstanden. Wie sich das Unternehmen Fujitsu die hoch technologisierte Gesellschaft der Zukunft vorstellt, konnte die Delegation in dem firmeneigenen Showroom netCommunity erleben. Alles vernetzende Technologien sollen dazu verhelfen, eine sichere und freundliche Gesellschaft zu schaffen, in der alle Menschen ein gesundes und nachhaltiges Leben führen können.
Am nächsten Morgen wurde der 4. Deutsch-Japanische Digitaldialog unter Leitung der Vizeministerin des Ministeriums für innere Angelegenheiten und Kommunikation (MIC) Yamada Makiko sowie dem Parlamentarischen Staatssekretär des BMWi Christian Hirte eröffnet. Während am Vormittag politische Diskussionen unter anderem über Regulierungspolitik, 5G und künstliche Intelligenz geführt wurden, stießen am Nachmittag Unternehmensvertreterinnen und -vertreter deutscher und japanischer Firmen zum Business Dialog dazu. Ein wichtiges Ergebnis des Digitaldialogs im vergangenen Jahr war die Ausschreibung eines bilateralen Forschungsprojekts gewesen. Bei diesem Digitaldialog konnte nun vom erfolgreichen Start des Projekts AIRPoRT berichtet werden. Das seit Oktober 2019 laufende Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, drahtlose Kommunikationsnetzwerke sowie künstliche Intelligenz in der Robotik und vernetzten Produktion zu verbessern. Während das deutsche Konsortium vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz geleitet wird, steht es in Japan unter der Leitung des Forschungsinstituts National Institute of Information and Communications Technology (NICT).
Eine weitere wichtige Forschungsorganisation in Japan ist das National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST) und sein Forschungszentrum Artificial Intelligence Research Center (AIRC). Bei dem Besuch des AIRC im Hafenviertel von Tokyo konnte an die Roadshow des Smart Data Forum im Mai 2017 angeknüpft werden, bei der eine gemeinsame Konferenz organisiert erfolgreich worden war.
So konnten bei der Delegationsreise für die kommende Roadshow nach Japan und Südkorea viele wichtige Kontakte geknüpft oder erneut aufgenommen werden. Nun gilt es die spannendsten Themenbereiche für neue Forschungskooperationen festzulegen und nach Projekten in den Technologieprogrammen des BMWi Ausschau zu halten, für die die Kontakte zu den beiden spannenden asiatischen Ländern besonders gewinnbringend sein können.