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App-basierte Analyse und Kommunikation in Zeiten von Covid-19

| Pressemitteilung | Gesundheit & Medizin | Eingebettete Intelligenz | Kaiserslautern

In der Debatte um eine Eindämmung der Corona-Pandemie wird vermehrt der Einsatz von Smartphone-Apps diskutiert. Richtig eingesetzt rechnet man diesen das Potenzial zu, wertvolle Informationen zur Ausbreitung der Infektionen zu liefern und deutlich zur Senkung der Neuansteckungen beizutragen. Auf Basis bewährter Crowd Sensing-Technologien hat ein Team um das DFKI und sein Spin-Off SIS Software ein System konzipiert, welches die Erfassung relevanter Gesundheitsparameter, Kontaktverfolgung auf der Basis des Europäischen PEPP-PT Standards und Kommunikationsmöglichkeiten unter Wahrung von Privatsphäre und Datenschutz vereint.

Grafische Darstellung der Hauptfunktionen der App© SIS Software GmbH

Prof. Dr. Paul Lukowicz, Leiter des Forschungsbereichs Eingebettete Intelligenz am DFKI: „Künstliche Intelligenz kann durch Musterkennung nicht nur helfen, den Ausbruch und die Ausbreitung von Epidemien frühzeitig zu erkennen, sondern ebenso zu einer effizienten Bekämpfung beitragen. Entscheidend hierfür sind die zugrunde liegenden Daten. Dass diese unter Berücksichtigung des Datenschutzes erhoben und für das Krisenmanagement nutzbar gemacht werden können, wurde in wegweisenden EU-Projekten erforscht und im langjährigen Einsatz unter Beweis gestellt.“

Im Wesentlichen umfasst das System folgende Kernkomponenten:

  • Die Erfassung von Gesundheits- und Analyseparametern
    Gesundheitsparameter, welche die Nutzer freiwillig bereitstellen, können anonymisiert, aggregiert und zur Darstellung bzw. zur Analyse der genauen räumlichen Verbreitung einer Infektion genutzt werden. Die abzufragenden Parameter werden von führenden europäischen Epidemologen des Influenza Monitoring Netzwerks „lnfluenzaNet“ definiert und können sich im Zeitverlauf an die aktuelle Situation der Benutzer anpassen, um so stets relevante Daten zu erheben. Diese werden nicht mit persönlichen Daten in Verbindung gebracht.
    Die Erfahrung hierzu stammt unter anderem aus dem von der EU geförderten Forschungsprojekt CIMPLEX, in dem unter Leitung des DFKI verschiedene Tools entwickelt wurden, um Krankheitsausbreitungen und andere Ansteckungsphänomene in komplexen sozialen Systemen zu untersuchen und zu beeinflussen.
  • Dezentrales, anonymes Contact-Tracing
    Mittels automatischer sogenannter „Bluetooth Handshakes“ wird ein anonymes Contact-Tracing realisiert, ohne dass hierfür Daten an einen Server gesendet werden müssen. Die Privatsphäre der Nutzer ist somit stets gewahrt. Diese Technologie bildet eine wichtige Grundlage für die Unterbrechung von Infektionsketten, indem Nutzer rechtzeitig gewarnt werden, wenn sie mit einer positiv diagnostizierten Person in Kontakt waren.
    Als Early Adopter ist das Konsortium gerade dabei, das System an den aktuell in der Entwicklung befindlichen europäischen PEPP-PT Kontaktverfolgungs-Standard anzupassen. Dieser sieht eine dezentrale, anonyme und auf einem Logbuch basierende Kontaktnachverfolgung vor, die in voller Übereinstimmung mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) steht. Zudem stellt er internationale Kompatibilität sicher, so dass Infektionsketten über Landesgrenzen hinweg nachvollzogen werden können.
  • Zielgerichtete Kommunikation
    Nachrichten und Hinweise können ortsspezifisch, als sogenannte „Location Based Messages“, versandt werden. Diese werden nur in bestimmten geografischen Bereichen empfangen. Form und Größe der Nachrichtenzielgebiete können hierbei beliebig gewählt werden: Von einzelnen Häuserblöcken, öffentlichen Plätzen bis hin zu kompletten Ländern ist jedes Szenario möglich. Im Kontext einer Pandemie kann die Bevölkerung so gezielt mit Informationen und Hinweisen versorgt werden – sowohl bundesweit, lokal durch regionale Verwaltungen oder durch Organisatoren von Veranstaltungen. So können Nutzer gezielt benachrichtigt werden, wenn in bestimmten Gebieten besondere Risiken einer Infektion bestehen.
  • Optionale anonymisierte Analyse von Mobilitätsmustern
    Die Crowd Sensing-Technologie ist im Rahmen des EU-Forschungsprojektes SOCIONICAL entstanden, in dem 14 europäische Hochschulen und Forschungszentren das Zusammenspiel von Technologie und sozialer Interaktion untersucht haben. Sie wurde ursprünglich entwickelt und eingesetzt, um das Verhalten von Personenströmen bei Großveranstaltungen zu analysieren und Katastrophen, wie bei der Love Parade 2010 in Duisburg, zu vermeiden. Grundlage dieser Analysen sind anonyme, aggregierte Bewegungsdaten, die mit Zustimmung der Nutzer von Smartphones versandt werden.
    Bei Großveranstaltungen wie z.B. den Olympischen Spielen 2012 oder Rock am Ring wurde die Technologie bereits erfolgreich eingesetzt, um möglichen Katastrophen vorzubeugen. In einer Krise kann diese Technologie dazu verwendet werden, die Mobilitätsmuster zu analysieren und daraus Rückschlüsse auf mögliche Ausbreitungswege der Epidemie zu ziehen.

„Mit unserem System streben wir eine ganzheitliche Plattform für Bürger-Partizipation, Daten-Analyse und behördliche Information an, welche die Ergebnisse aus erfolgreichen Forschungsprojekten und praxisbewährten Technologien vereint. Im Kontext der aktuellen COVID-19-Krise können diese einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten,“ so Dr. Tobias Franke, Wissenschaftler im Forschungsbereich Eingebettete Intelligenz am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Kaiserslautern und Gründer der SIS Software GmbH. „Die Komponenten lassen sich einzeln ebenso einsetzen wie im Zusammenspiel mit weiteren Features integrieren.“

Mit zum Team gehören neben dem 2012 gegründeten DFKI-Spin-Off SIS Software GmbH und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) die Wirtschaftsberatung PricewaterhouseCoopers (PwC), der Konzertveranstalter Eventim sowie, das europäische Influenza Tracking Netzwerk lnfluenzaNet, in dem führende Epidemilogen organisiert sind, sowie das Startup Coneno.

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