Die Einführung des „Vergessens“ in das Wissensmanagement ist ein vielversprechender Ansatz zur Reduktion der Informationsflut und zur Fokussierung auf wichtige Information und deren Auffindbarkeit. In diesem Projekt sollen Grundlagen und Methoden eines Managed Forgetting erforscht werden, einem evidenz-basierter Ansatz zum Intentional Forgetting. Managed Forgetting zielt darauf ab, die Kapazität des menschlichen Vergessens zur Fokussierung auf das Wesentliche in digitale Prozesse zu übersetzen, dabei aber Prozesse des menschlichen Erinnerns und Vergessens zu ergänzen anstatt sie einfach zu kopieren. Hierzu werden automatisch vielfältige Evidenzen für die Wichtigkeit von Inhalten gesammelt, zu einem Wert „Memory Buoyancy“ zusammengeführt und mit einem Portfolio an Vergessensaktionen kombiniert.
Zur Entwicklung des Konzepts „Managed Forgetting“ ist die umfassende interdisziplinäre Erforschung seiner Grundlagen und Methoden sowie der Einbettung in Prozesse des Wissensmanagements notwendig. Hierzu arbeiten im Projekt Experten aus drei Bereichen, Kognitionswissenschaften, Informationsanalyse und Retrieval, sowie Wissensmanagement eng zusammen. In Experimenten werden die Kognitionswissenschaftler das Verständnis für relevante kognitive Prozesse vertiefen, welche dem saving-enhanced Memory unterliegen, und mit dem gerichteten Vergessen vergleichen. Ausgehend von den interdisziplinären Grundlagen werden Methoden zur Informationsbewertung (aktuellen Wichtigkeit) entwickelt. Die gelernten Werte werden zur Entwicklung „vergesslicher“ Methoden für den Informationszugriff in einem evolutionären Unternehmensgedächtnis genutzt, wobei der Schwerpunkt auf Alternativen zum reinen „Keep-or-Delete“ Paradigma (z.B. zeitweises Unterdrücken und Zusammenfassen von Information) liegt. Zur weiteren Einbettung in das Wissensmanagement werden die Verbindung zu Tasks und die Erweiterung auf Gruppen von Wissensarbeitern untersucht. Abschließend werden auch die Effekte von Managed Forgetting auf den Nutzer hinterfragt sowohl durch empirische Test als auch durch die Analyse der Interaktionen zwischen menschlichem und digitalem Vergessen.
Evaluation und Experimente spielen eine wichtige Rolle im Projekt. Hierfür bildet der Semantic Desktop einen zentralen Kristallisationspunkt für die interdisziplinäre Zusammenarbeit: Er unterstützt (a) die Arbeit von Wissensarbeitern z.B. in der Verwaltung, bildet (b) bereits die konzept-orientierte Organisation im menschlichen kognitiven System über eine persönliche Ontologie in ein evolutionäres Wissensmanagement ab, und bietet (c) eine Testumgebung für die technische, kognitive und interdisziplinäre Forschung und Evaluation im Projekt.
Das Projekt positioniert sich in zwei Arbeitsfeldern des DFG Schwerpunktprogramm „Intentional Forgetting in Organisationen“ (SPP 1921): Im Arbeitsfeld 1 erforscht es die individuellen und die gruppenorientierte Sicht auf das Vergessen im Wissensmanagement und im Arbeitsfeld 2 realisiert es Managed Forgetting für ein wissensbasiertes System.
Partner
- Universität Hannover (L3S)
- Universität Trier (Kognitive Psychologie)