Innerhalb des Vorhabens MikroBeM wird auf der Ebene von biologischen Signalen, im Speziellen Elektroenzephalographie (EEG) und Elektromyographie (EMG) sowie der Herzratenvariabilität (HRV) analysiert, wie reale Mikro- und Hypergravitation sich auf feinmotorische und kognitive Lern- bzw. Belastungszustände, sowie die Bewegungskinematik auswirken. Insbesondere soll der motorische Lerneffekt unter realer Mikrogravitation untersucht werden. Ergebnisse sollen mit vorhandenen und zum Teil noch zu erhebenden Daten aus simulierter Mikrogravitation verglichen werden. Astronautinnen sind starken Belastungen ausgesetzt. Während Weltraumspaziergängen sind sie durch die massiven Raumanzüge zusätzlich bewegungs- und sichteingeschränkt, sodass sie feinmotorische Bewegungen ausführen müssen, auch wenn sie nicht immer ihre Arme oder Hände währenddessen sehen können. Es gibt bisher keine Untersuchungen, die die Bewegungskinematik sowie den Lerneffekt für feinmotorische Bewegungen bei verdeckten Extremitäten unter realer Mikrogravitation erforschen und die Adaptationsfähigkeit abhängig vom Trainingszustand untersucht. Verdeckte Extremitäten schließen automatische Korrekturen über das visuelle System aus und sind vom besonderen Interesse, da die meisten (feinmotorischen) Handlungen ohne Sichtkontakt ausgeführt werden. Existierende Studien untersuchen nur feinmotorische Bewegung bei Sichtkontakt. Dies stellt jedoch eine unrealistische Bedingung für Aktivitäten dar. Ergebnisse unter realistischen Kontrollbedingungen (ohne Sichtkontakt) wären jedoch für das Training von Astronautinnen vor Raumfahrtmissionen wichtig, um dies einerseits möglichst effektiv gestalten zu können und andererseits Herausforderungen bei der Übertragung in eine automatisieret Handlung besser zu verstehen.
Im Vorhaben soll daher insbesondere untersucht werden, inwieweit sich die Bewegungskinematik nach Training unter simulierter Mikrogravitation bzw. ohne Training unter realer Mikrogravitation voneinander unterscheiden. Ein Schwerpunkt der Analyse wird dabei auf den Bewegungstrajektorien liegen. Die Besonderheit hierbei wird sein, dass die Bewegungen während der Ausführung verdeckt sind und daher keine visuelle Korrektur vorgenommen werden kann. Wobei in der letzten Phase ein visuelles Feedback gegeben wird. Korrekturen auf Grund des visuellen Feedbacks zeigen sich vor allen in plötzlichen Änderungen der Trajektorie. Diese sollen mit Mitteln klassischer Signalverarbeitung und Maschineller Lernverfahren erkannt und bewertet werden. In einem weiteren Schritt soll ebenfalls der Lerneffekt in realer Mikrogravitation untersucht werden, um festzustellen, inwieweit dieser zur Erdgravitation und simulierter Mikrogravitation sowie nach Training unter simulierter Mikrogravitation verändert ist. Die reale Mikrogravitation wird durch Parabelflüge induziert, die simulierte Mikrogravitation für das Training mittels einen aktiven Oberkörper-Exoskeletts.
Neben den Effekten von realer Mikrogravitation soll ebenfalls eine Weiterentwicklung des Exoskeletts getestet werden, welches in der Lage ist, verschiedene Gravitationsbedingungen (z.B. Marsgravitation, Mondgravitation) zu simulieren, sodass die Einsatzmöglichkeiten des Systems vervielfältigt werden können. Des Weiteren soll untersucht werden wie sowohl die Mikro- als auch die Hypergravitation aktiv kompensiert werden kann, sodass die Bewegungen perspektivisch während eines Parabelfluges weiterhin in Erdgravitation durchgeführt werden können.
Erwartete Ergebnisse liefern die Basis für die Entwicklung konkreter und personenbezogener Trainingsprogramme für Astronaut*innen zur Reduzierung des Zeitaufwandes mittels vergleichsweise kostengünstiger und breit einsetzbarer Exoskelette. Im Sinne eines Technologietransfers in weitere Anwendungsgebiete, leistet darüber hinaus MikroBeM für die Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung im Bereich KI in Gesundheit und Pflege einen Beitrag. Im Transfer der erwarteten Ergebnisse kann in Folgevorhaben getestet werden, ob die Übertragung der entwickelten Trainings- und Kontrollszenarien auf die neuromotorische Rehabilitation möglich ist. Dies ist aufgrund der hohen Diversität neurologischer Erkrankungen nicht vorhersagbar und müsste im Rahmen einer Patientenstudie getestet werden. Falls dies gelingt, könnte es zu einer deutlichen Erweiterung der Therapiemöglichkeiten im Bereich der neuromotorischen Rehabilitation führen.
Partner
Universität Duisburg Essen - Systeme der Medizintechnik (Prof. Dr. Elsa Kirchner)