Japan und Deutschland waren im vergangenen Jahr auf Platz drei und vier der wirtschaftsstärksten Nationen weltweit. Beide sind sowohl im Handel als auch in forschungsintensiver Hochtechnologie im internationalen Vergleich führend. Gleichzeitig haben die Länder mit ähnlichen Problemen zu kämpfen: im Zuge des demografischen Wandels fehlt es an Fachkräften – bei einem sehr hohen Lohnniveau.
Vor diesem Hintergrund haben das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das japanische Ministerium für Innere Angelegenheiten und Kommunikation (MIC) ein erstes deutsch-japanisches Projekt zur „Künstlichen Intelligenz für die mobile industrielle Kommunikation“ ausgeschrieben. Der Zuschlag für die deutsche Förderung ging an das Projekt „AIRPoRT – Artificial Intelligence für Robotik und vernetzte Produktion“. Beteiligt sind daran neben den Forschungsbereichen „Smarte Daten & Wissensdienste“ und „Intelligente Netze“ des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) sowie das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. Das japanische Pendant zum Projekt wird vom National Institute of Information and Communications Technology (NICT) durchgeführt.
Innovation fördern, Wirtschaft stärken
In einer gemeinsamen Strategie haben die Bundesregierung und Japan bereits 2017 erarbeitet, wie man das wirtschaftliche Potenzial der Digitalisierung nutzen und die Wettbewerbsfähigkeit des Industriesektors maximieren kann (Deklaration von Hannover). Künstliche Intelligenz (KI) und das Internet der Dinge in industriellen Anwendungsfeldern sollen dazu genutzt werden, die Produktivität der gesamten Wirtschaft nachhaltig zu steigern. Einer der wesentlichen Treiber bei der Weiterentwicklung heutiger Produktionsumgebungen sind innovative Informations- und Kommunikationstechnologien: Auf Kommunikationsebene ermöglichen sie immer schnellere drahtlose Datenverbindungen, beispielsweise durch den Einsatz von 5G. Verfahren der KI und des Maschinellen Lernens unterstützen auf Seiten der Daten- und Informationsverarbeitung eine effiziente und zugleich effektive Nutzung sehr großer Datenmengen. Dadurch können nicht nur einzelne bestehende Produktionsprozesse optimiert werden, vielmehr sind technische und organisatorische Innovationen entlang der gesamten Prozesskette denkbar.
Experten für ganzheitliches Vorhaben
Das Vorhaben „AIRPoRT“ dient der Entwicklung, Optimierung und Erprobung der genannten Technologien. Die Kooperationspartner bringen dabei ihre spezifischen Themenschwerpunkte und Erfahrungswerte mit ein: Der DFKI-Forschungsbereich „Smarte Daten & Wissensdienste“ unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Dengel erarbeitet innovative Analyseverfahren von Sensordaten mittels KI. Der Bereich „Intelligente Netze“ unter der Leitung von Prof. Dr. Hans Dieter Schotten übernimmt die Einbettung moderner Netzwerktechnologien in eine intelligente Konnektivitätsplattform. Die Prozessarchitektur und Koordinationsverfahren für Roboterteams werden vom Fraunhofer IPA entwickelt, eine umfassende Risiko-Governance-Strategie vom Fraunhofer IAO. Letztere soll dazu beitragen, dass entsprechende Produktionsanlagen in multiorganisationalen Prozessstrukturen proaktiv und betriebswirtschaftlich tragfähig abgesichert werden können.
Forschung im deutsch-japanischen Kontext
Um die Technologien und Konzepte bestmöglich auf die Anforderungen globaler Produktionszusammenhänge abzustimmen, werden im Zuge der deutsch-japanischen Kooperation im ersten Schritt gemeinsame Szenarien und Use Cases definiert. Für die Zukunft sind sowohl die Arbeit auf einer gemeinsamen Datenbasis als auch die kollektive Entwicklung von Verfahren denkbar.
Dr. Alexander Tettenborn, Leiter des Referats VIB3, Entwicklung digitaler Technologien, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, in seiner Begrüßungsansprache zum Projektstart in Berlin: „Japan und Deutschland teilen die Auffassung, dass die Zusammenarbeit zwischen Plattformen, der Aufbau von Ökosystemen und die Gestaltung von Allianzen wichtige Wege sind, um das Potenzial von Künstlicher Intelligenz und dem Internet der Dinge zu nutzen. Daher kann unsere Zusammenarbeit zu einem besseren Verständnis dazu führen, wie wir global erfolgreich sein können. Dieses erste Projekt kann die Grundlage für weitere Kollaborationen bilden.“
Wettbewerbsvorteile durch internationale Allianzen
Prof. Hans Dieter Schotten begrüßt die deutsch-japanische Kooperation und die damit verbundene globale Ausrichtung des Vorhabens: „Produktionsprozesse mit Künstlicher Intelligenz werden durch Kommunikationstechnologien wie 5G und vergleichbare Methoden einen immensen Schub erleben. Gleichzeitig darf man nicht den Fehler begehen, die Entwicklungen nur in einem lokalen Kontext zu betrachten. Innovationen werden dem globalen Wettbewerb nur standhalten, wenn sie weiter gefasst und weltweit anwendbar sind.“
Den interkulturellen Austausch in der anwendungsorientierten Forschung bewertet auch Prof. Andreas Dengel als überaus positiv: „Deutschland und Japan sind gerade im Bereich der forschungsintensiven Hochtechnologie sehr erfolgreich, gleichzeitig ist die japanische Vision menschzentrierter KI der deutschen sehr ähnlich. Am DFKI sind wir überzeugt davon, dass internationale Allianzen unabdingbar sind, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.“
Das DFKI kooperiert seit langem mit den japanischen Spitzeninstituten für Informatik AIST, NII und NICT, mit deren Hilfe gemeinsam die KI-Forschung vorangebracht wird. Im industriellen Umfeld werden in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen wie Wacom und Hitachi neue KI-Technologien erforscht und entwickelt. Auch der „International Workshop on Intelligence Augmentation and Amplification – IAA 2019“, der Anfang des Jahres am DFKI stattfand, zeigte den exzellenten Austausch zwischen deutschen und japanischen Wissenschaftlern. Rund 80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter die führenden Köpfe der japanischen KI-Forschung, trafen sich in Kaiserslautern, um sich zu relevanten Themen auszutauschen, aber auch gemeinsame Forschungsvorhaben zu besprechen.