In 13 Fachvorträgen stellten Wissenschaftler, Marketingexpertinnen, Unternehmensberaterinnen, Softwareentwickler oder Gründer Forschungsarbeiten, Technologien und Strategien für den Handel der Zukunft vor. Hybride KI, digitale Zwillinge, Eyetracking und Objekterkennung sind Beispiele für die vielfältigen Technologiethemen. Omnichannel-Strategien, die Aufwertung des digitalen Einkaufserlebnisses und das Metaverse als neuer Kanal waren ebenso in den Präsentationen der Fachexperten vertreten.
Die Schirmherrschaft hatte Jürgen Barke, saarländischer Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie, übernommen. In seinem Grußwort betonte Barke die Wichtigkeit des Einzelhandels für attraktive Innenstädte und die Notwendigkeit eines interdisziplinären Ansatzes für ihren Erhalt. Digitale Technologien böten auch dem regionalen Handel Chancen, sich zu behaupten.
Professor Antonio Krüger, wissenschaftlicher Direktor des Innovative Retail Labs und CEO des DFKI sagte: „Ich bin vom großen Potenzial Künstlicher Intelligenz für den Handel überzeugt. Auch wenn vollautomatisierte Auto-Checkout-Verfahren noch nicht 100% funktional geschweige denn rentabel sind, so sind sie prinzipiell realisierbar. Wir sehen hier schnellere Fortschritte als z.B. beim automatisierten Fahren.“
In seinem Vortrag ging Krüger auf den Einsatz von KI für konkrete Problemstellungen ein. Für den „Klassiker“ fehlplatzierte Ware im Regal haben reine Machine Learning-Ansätze enttäuscht: Sie funktionierten nur bei aufgeräumten Regalen ohne Lücken. Erst eine Mischung aus Maschinellen Lernverfahren und klassischer Repräsentation lieferte robuste Ergebnisse bei der Erkennung fehlplatzierter Ware in einer realen Situation. Solche hybriden Ansätze aus symbolischen und subsymbolischen Verfahren führen zu verwendungsfähigen, skalierbaren Lösungen, die nicht neu trainiert werden müssen, wenn z.B. die Herstelleretiketten umgestaltet wurden.
Andere Ansätze für den stationären Handel kombinieren das Konzept des Digitalen Zwillings mit Servicerobotik: Im Projekt Knowledge4Retail arbeitet das DFKI zusammen mit zehn weiteren Partnern an einer Verbindung zwischen digitaler und analoger Welt. Mit Scannern ausgestattete Serviceroboter und Sensoren erzeugen ein digitales Abbild des Geschäfts, auf dessen Basis beispielsweise die Filiallogistik optimiert werden kann.
Händlern, die sowohl online als auch im stationären Handel aktiv sind, können KI-Technologien helfen, den tatsächlich verfügbaren Warenbestand genauer zu ermitteln. Prognoseverfahren, die Fake-Bestellungen oder die Wahrscheinlichkeit von Retouren besser erkennen, vermeiden Umsatzverluste.
Die Frage, was der Handel benötigt, KI gewinnbringend einzusetzen, kann für die heterogene Anbieterschaft nicht pauschal beantwortet werden. In inhabergeführten Geschäften geht es zunächst noch gar nicht um den Einsatz von KI, sondern zunächst einmal um Digitalisierungsmaßnahmen wie die Einführung eines Warenwirtschaftssystems. KI ist hier im operativen Geschäft noch kein Thema, wird aber durchaus und fast unbemerkt genutzt, z.B. als Bestandteil eines Social Media-Tools.
Am interessantesten scheint KI zurzeit für die mittelständischen Player in den nationalen Märkten. Die während der Pandemie etablierten und weiterentwickelten Online-Angebote wie Live-Shopping, Click & Collect oder Click & Meet gilt es jetzt auszubauen, z.B. durch Digitalisierung jedes Produkts in allen Varianten für 360-Grad-Viewer oder die Übertragung realer Einkaufserlebnisse in die dreidimensionale Erfahrung von Virtual Reality.
Weitere Informationen
https://knowledge4retail.org
https://www.innovative-retail.de