Randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) gelten als Goldstandard der evidenzbasierten Medizin. Doch ihre Ergebnisse basieren zumeist auf großen Patientengruppen und lassen sich nicht immer direkt auf einzelne Patienten oder spezielle Fälle übertragen. In der klinischen Praxis müssen Ärzte daher oft auf zeitaufwendiges, wiederholtes Probieren (Trial-and-Error) zurückgreifen, um eine individuell passende Behandlung zu finden. Gleichzeitig bleiben wertvolle Erkenntnisse aus der Routineversorgung ungenutzt, da sie nicht systematisch mit der Forschung verknüpft werden. AI4Nof1 setzt genau hier an.
Zum Einsatz kommen sollen beispielsweise Methoden des maschinellen Lernens (Reinforcement Learning), um adaptive „N-of-1“-Studien durchzuführen, bei denen individuelle Behandlungsverläufe analysiert und optimiert werden. Statt die Wirksamkeit einer Behandlung für eine große Gruppe zu analysieren, wird untersucht, welche Intervention für eine einzelne Person am besten funktioniert. Ein intelligentes Computermodell lernt aus den Erfahrungen der Patienten und verbessert deren Therapieempfehlungen im Laufe der Zeit. Gleichzeitig werden die gewonnenen Erkenntnisse anonymisiert aufbereitet und können in die allgemeine Forschung einfließen, um zukünftige Behandlungen zu verbessern.
„Mit dem Projekt ‚AI4No1‘ gehen wir einen wichtigen Schritt in Richtung einer individualisierten Medizin. Die Forscherinnen und Forscher untersuchen, wie Künstliche Intelligenz dabei helfen kann, personalisierte Behandlungen für das Reizdarmsyndrom zu entwickeln – eine Erkrankung, die viele Menschen betrifft, aber deren Therapieansätze bislang oft nicht individuell genug sind. Diese interdisziplinäre Partnerschaft vereint exzellente Wissenschaft mit konkretem medizinischem Nutzen – ein wichtiges Ziel unserer Forschungsförderung“, sagte Katharina Heil bei der Übergabe der Landeszuwendung. Mit diesem Projekt werde Rheinland-Pfalz erneut seiner Rolle als Innovationsstandort gerecht und leiste einen wertvollen Beitrag zur Zukunft der Medizin.
Prof. Dr. Andreas Dengel, Geschäftsführender Direktor des DFKI in Kaiserslautern: „Künstliche Intelligenz bietet insgesamt enorme Chancen für die Medizin, indem sie Diagnosen verbessert, Behandlungen personalisiert und Abläufe optimiert. Der Ansatz von AI4Nof1 zielt darauf ab, dass sie besonders in der individuellen Patientenversorgung eine zentrale Rolle spielen kann, indem sie die Kluft zwischen populationsbasierter Forschung und personalisierten Therapien überbrückt. Die Integration von KI in die medizinische Versorgung verspricht somit nicht nur eine Verbesserung der individuellen Behandlungsergebnisse, sondern auch einen gesellschaftlichen Mehrwert, indem sie Erkenntnisse aus der klinischen Routine systematisch für Patienten nutzbar macht.“
Projektleiter Prof. Dr. Sebastian Vollmer, Leiter des DFKI-Forschungsbereiches Data Science und Ihre Anwendungen: „Mit AI4Nof1 wird ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung geleistet. Die Kombination aus KI-gestützter Analyse und patientenzentrierter Datenerhebung verspricht eine effizientere und individuellere Behandlung für Menschen mit chronischen Erkrankungen. Das Projekt zeigt, wie modernste KI-Technologien die Medizin revolutionieren und gleichzeitig den Zugang zu maßgeschneiderter Versorgung für Patienten erleichtern können.“
Beteiligt an AI4Nof1 sind das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) als Projektleiter, die Technische Universität Rheinland-Pfalz Kaiserslautern-Landau (RPTU), das Max-Planck-Institut für Softwaresysteme (MPI-SWS), alle in Kaiserslautern, sowie die Universitätsmedizin Mainz (UM). Damit entsteht eine Kooperationsstruktur in Rheinland-Pfalz, die um weitere Kliniken erweitert werden soll und die mittelfristig als transnationales Kompetenz- und Exzellenzzentrum für die Entwicklung von KI-Algorithmen für die Medizin und das Gesundheitswesen im Allgemeinen dient.
AI4Nof1 ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, das modernste KI-Technologien mit medizinischer Expertise verbindet. Ziel ist es, die Erkenntnisse aus populationsbasierten Studien mit den individuellen Bedürfnissen von Patienten zu verknüpfen und durch adaptive digitale Interventionen eine personalisierte Versorgung zu ermöglichen. Besonders im Bereich des Reizdarmsyndroms sollen Lücken in den bestehenden medizinischen Leitlinien geschlossen werden, indem konkrete Empfehlungen für individuelle Lebensstiländerungen erforscht werden.
Pressemitteilung vom Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz
Leiter Forschungsbereich Data Science & ihre Anwendung
Leiter Communications & Media KL | DA