Skip to main content Skip to main navigation

Zum Schutz von Mensch und Umwelt: Projektverbund entwickelt innovative AUVs für die Überwachung von Tiefseeanlagen

| Autonome Systeme | Robotik | Planbasierte Robotersteuerung | Robotics Innovation Center | Bremen | Osnabrück / Oldenburg

Schon heute kommen Autonome Unterwasserfahrzeuge (AUV) zur Inspektion von Konstruktionen in tiefen Gewässern zum Einsatz. Noch werden die Systeme von großen Versorgungsschiffen begleitet, auf hoher See ausgesetzt und geborgen – ein risikoreiches und zugleich kostspieliges Unterfangen. Ziel des unter Beteiligung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) gestarteten Projekts CIAM ist es, intelligente AUVs zu entwickeln, die ohne den Einsatz zusätzlicher Schiffe große Entfernungen überwinden und Tiefseeanlagen an unterschiedlichen Orten überwachen können. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert das Projekt mit rund 12 Millionen Euro.

© DFKI, Annemarie Popp
Das AUV "Leng" vom Robotics Innovation Center in der Maritimen Explorationshalle des DFKI in Bremen. Hier sollen auch die innovativen Systeme getestet werden, die im Verbundprojekt CIAM entstehen.

Die Instandhaltung von Anlagen in der Tiefsee wie Öl- und Gaspipelines, Telekommunikationskabel oder Offshore-Windenergieanlagen ist äußerst aufwändig und kostenintensiv. Kommt es zu Defekten, sind es in der Regel Menschen, die in die Tiefe hinabtauchen müssen, um Reparaturen an den Anlagen durchzuführen. Um die Risiken für Tauchende zu minimieren und Schäden vorzubeugen, finden heute zunehmend Roboter Anwendung, die den Zustand der Anlagen überwachen und Schwachstellen frühzeitig erkennen. Noch kommen sie nicht ohne menschliche Hilfe aus: die zumeist autonomen Fahrzeuge werden von großen Versorgungsschiffen begleitet, die das Aussetzen und Bergen der Systeme vor und nach der Mission übernehmen. Insbesondere in dringenden Einsatz- und Notfällen ist die Verfügbarkeit geeigneter Schiffe jedoch nicht immer gewährleistet.  

Im Mittelpunkt des am 1. Mai 2021 gestarteten Verbundprojekts CIAM („Kooperative Entwicklung einer umfassenden, integrierten autonomen Lösung für die Unterwasserüberwachung“) steht daher die Entwicklung einer neuen Generation unbemannter, durch Künstliche Intelligenz gesteuerter Tauchrobotik-Systeme. Diese sollen dank eines intelligenten Energiemanagements besonders lange Missionsdauern und hohe Reichweiten von bis zu 500 Kilometern erreichen können, um ganz ohne menschliche Unterstützung Operationen von Küste zu Küste durchzuführen. Das BMWi fördert das Projekt im Rahmen des Maritimen Forschungsprogramms, das die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der maritimen Branche in Deutschland stärken und gleichzeitig den Schutz von Klima und Umwelt vorantreiben soll.

Das DFKI ist mit seinen Forschungsbereichen Robotics Innovation Center und Planbasierte Robotersteuerung Teil des von der ROSEN Technology and Research Center GmbH geleiteten Projektkonsortiums, das sich aus insgesamt neun Partnern aus Industrie und Forschung zusammensetzt. Im gemeinsamen Vorhaben sollen zwei innovative AUVs konzipiert, gebaut und getestet werden, die tiefseetauglich und dennoch relativ leicht sind und sich durch eine beispiellose Autonomie auszeichnen. Das Robotics Innovation Center, das seit vielen Jahren intelligente Hardware- und Softwarelösungen für AUVs entwickelt, ist dabei maßgeblich an der Realisierung der Fahrzeugautonomie beteiligt: dazu gehört die Front-Seat-Navigation (Low-Level-Steuerung), die alle von den Fahrzeugsensoren erfassten Informationen zusammenführt, um daraus die aktuelle Position, den Kurs und die Geschwindigkeit des AUVs abzuleiten und diese an die erfassten Umgebungsbedingungen, etwa die Strömungssituation, anzupassen.

Zudem bringt der Bremer Forschungsbereich sein Knowhow bei der Entwicklung eines Lokalisierungsalgorithmus für die Back-Seat-Navigation (High-Level-Steuerung) ein, der die Positionierung des AUVs bei minimalem Energieverbrauch ermöglicht. Dazu lassen sich abhängig von der Navigationsqualität während bestimmter Missionsabschnitte verschiedene Systemkomponenten an- oder abschalten. So kann der Roboter für eine gewisse Zeit nur mithilfe seines internen Kompasses und einer inertialen Messeinheit navigieren. Sobald er zu sehr vom gewünschten Kurs abweicht, werden automatisch zusätzliche Sensoren aktiviert, die präzisere Navigationsdaten liefern. Die Zu- und Abschaltung der Sensoren erfolgt über ein intelligentes Stromverteilungssystem, das den aktuell fließenden Strom misst und bei Überschreitung eines Grenzwerts einzelne Komponenten deaktiviert. So kann der Energieverbrauch des Gesamtsystems beträchtlich gesenkt werden, was deutlich längere Operationszeiten ermöglicht. Das Ausbringen und Einholen des AUVs von einem Schiff, das somit viel seltener erforderlich ist, wird über eine Docking-Station realisiert. Dafür steuert das Robotics Innovation Center einen intelligenten Algorithmus bei, der dem System das automatisierte Andocken ermöglicht.

Um sicher unter Wasser navigieren und autonom Unterwasserinfrastrukturen inspizieren zu können, müssen Roboter ihre Umgebung nicht nur sensorisch umfassend wahrnehmen, sondern auch interpretieren können. Der DFKI-Forschungsbereich Planbasierte Robotersteuerung ist in CIAM für die Umsetzung der semantischen Umgebungsrepräsentation zuständig. Grundlage hierfür sind zum einen Inspektionsdaten aus dem Inneren einer Pipeline, zum anderen die bei einer Außeninspektion derselben Pipeline erfassten Umgebungsinformationen. Darin suchen die Osnabrücker Forschenden nach missionsrelevanten Merkmalen und Objekten, die sowohl von außen als auch von innen erkennbar sind, z.B. Abzweigungen oder Opferanoden, und annotieren so die Inspektionsdaten mit semantischem Wissen. Die sich daraus ergebenen semantischen Karten werden anschließend zu einer konsistenten, georeferenzierten Gesamtkarte zusammengeführt, die sowohl die Missionsplanung und AUV-Lokalisierung unterstützen als auch bei der Identifikation von Objekten helfen kann.

Die im Projekt entwickelten Technologien sollen zunächst unter kontrollierbaren Laborbedingungen getestet werden. Hierfür stehen den Partnern verschiedene Testbecken in der Maritimen Explorationshalle des DFKI in Bremen zur Verfügung: ein 20 m³ großes Wasserbecken, das sich abdunkeln und eintrüben lässt und so tiefseeähnliche Bedingungen schafft, eignet sich insbesondere für den Test von bildgebenden Sensoren. In einem 3400 m³ Salzwasser fassenden Testbecken, das über eine Wassertiefe von 8 Metern verfügt, können die Navigation und das autonome Docking erprobt werden. Um Faktoren wie Strömung, Sonneneinstrahlung, die Interaktion mit Flora und Fauna sowie größere Fahrdistanzen und Tauchtiefen zu berücksichtigen, sollen die Systeme anschließend auch außerhalb der Labore in realitätsnaher Umgebung auf die Probe gestellt werden.

CIAM-Projektpartner:

  • ROSEN Technology and Research Center GmbH – Koordinator
  • FormLED GmbH
  • INNOMAR
  • balticFuelCells GmbH
  • Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI)
  • Technische Universität Berlin
  • HafenCity Universität Hamburg
  • Universitätsklinikum Freiburg
  • GEOMAR

Mehr Informationen
CIAM auf dfki.de
Video zum Projekt

Kontakt:

Pressekontakt:

Unternehmenskommunikation Bremen