5G für KI – KI für 5G
Viele zukunftsweisende Technologien und KI-Anwendungen hängen davon ab, dass große Datenmengen in Echtzeit übertragen werden – die Zusammenarbeit von Menschen und Robotern in der Industrie 4.0, die Kommunikation von Fahrzeugen und Verkehrssystemen beim autonomen Fahren oder Fern-Operationen in der Telemedizin.
5G verspricht eine mindestens 100-fach höhere Geschwindigkeit als der aktuelle LTE-Standard und minimale Reaktionszeiten, viel schneller als die des Menschen. Nur so können auch sicherheitskritische Funktionen, wie beispielsweise Not-Aus-Schaltungen in der Produktion ohne Kabel funktionieren. Doch nicht nur Übertragungsrate und Latenz sind wesentliche Voraussetzungen für die Kommunikation in Echtzeit. Eine immer größer werdende Anzahl an miteinander vernetzten Geräten, Maschinen und Alltagsgegenständen muss gleichzeitig bedient werden. Das Netz muss zuverlässig und sicher gegen Ausfälle und Angriffe sein. Das sind nur einige der vielfältigen Anforderungen, die prädestiniert sind für Künstliche Intelligenz. Diese Wechselwirkung von 5G und KI birgt großes Potenzial für gänzlich neue Anwendungen und Geschäftsmodelle.
„5G kann der KI die benötigten Daten in Echtzeit zur Verfügung stellen. Die KI kann diese wiederum nutzen, um das Netz zu steuern und zu optimieren. Die Kombination der Vorteile dieser Technologien ermöglicht völlig neue Applikationen in vielen Bereichen.“ – Prof. Dr. Hans Dieter Schotten
Entsprechend vielfältig sind die Forschungsaktivitäten des DFKI im Rahmen von öffentlich geförderten Projekten, zusammen mit strategischen Partnern oder an den Universitäten der Standorte. Der Forschungsbereich Intelligente Netze wirkt gemeinsam mit der Technischen Universität Kaiserslautern an wegweisenden nationalen und europäischen 5G-Projekten mit und hat hier Pionierarbeit geleistet. Der Forschungsbereich Innovative Fabriksysteme testet in Zusammenarbeit mit dem Partnerkreis der SmartFactory-KL den praktischen Einsatz von 5G-Technologien in seiner Forschungsfabrik am DFKI in Kaiserslautern. Dort entsteht derzeit ein Erweiterungsbau für weitere Testanlagen und Demonstratoren für 5G-Forschungsaktivitäten der DFKI-Bereiche. Im DFKI-Labor in Niedersachsen arbeiten die Wissenschaftler an Szenarien der Umwelt- und Verkehrssicherheit in Küsten- und Hafengebieten sowie der Überwachung und Steuerung von Maschinenflotten in der Landwirtschaft. Weitere Bereiche erforschen Technologien, die Potenzial im 5G-Kontext aufweisen, wie die Datenverarbeitung direkt an Sensoren oder den Einsatz in der Robotik und im Bereich Ambient Assisted Living.
Industrie 4.0 braucht 5G
„Die Fabrik der Zukunft ist flexibel und vernetzt. In Zukunft werden sich die Arbeitsplätze sozusagen selber organisieren“, sagt Prof. Martin Ruskowski, Leiter des Forschungsbereichs Innovative Fabriksysteme am DFKI und Vorstandsvorsitzender der Technologie-Initiative SmartFactory KL e.V.. „Immer mehr Maschinen, Geräte und Dienste bringen sich in das Produktionsnetzwerk ein. Die klassischen Kommunikationsstrukturen werden aufgelöst und verlagern sich mehr und mehr in den virtuellen Raum“, so Ruskowski weiter. Im Zusammenspiel mit KI ermöglicht die 5G-Mobilfunktechnologie die nahtlose Integration autonomer Systeme und mobiler Plattformen ohne Kabelbindung und so ganz neue Fertigungsmethoden.
„Echtzeitfähige Kommunikation ist Erfolgsfaktor für Industrie 4.0. Mithilfe von 5G werden sich Flexibilität, Wandelbarkeit und Produktivität der industriellen Fertigung deutlich erhöhen. Mit der SmartFactory-KL haben wir einzigartige Bedingungen, um die relevanten Use Cases zu testen, neue Konzepte zu entwickeln und diese auch in die Anwendung zu bringen.“ – Prof. Dr. Martin Ruskowski
Gemeinsam mit der SmartFactory-KL werden unter anderem Safety-Lösungen für mobile Transportsysteme, Time Sensitive Networking (TSN), dezentrale Datenverarbeitung (Edge Computing) sowie Datenübertragung und -verarbeitung in der Cloud über 5G getestet und seit 2018 auch auf der Hannover Messe präsentiert.
Pionierarbeit von DFKI und TUK
„In maßgebenden Projekten haben die TUK und das DFKI die Grundlagen für 5G und die heutige Weiterentwicklung gelegt“, so Prof. Dr. Hans Dieter Schotten, Leiter des Forschungsbereichs Intelligente Netze und des Lehrstuhls für Funkkommunikation und Navigation an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK). Sein Team an der TUK war bereits an frühen 5G-Projekten der Europäischen Union beteiligt, wie z.B. an METIS, das grundsätzliche Anforderungen an den neuen Mobilfunkstandard definiert und die technischen Grundstrukturen geschaffen hat. Prof. Schotten: „In METIS wurde 5G quasi erfunden“.
METIS II hat die verschiedenen Netzwerktechnologien zu einem kompletten System zusammengeführt und weitere Komponenten entwickelt. In wegweisenden Vorhaben wie 5G NORMA und 5G MONARCH wurde frühzeitig die Anpassungsfähigkeit für verschiedene Services (Network-Slicing) sowie im Hamburger Hafen deren konkreter Einsatz erforscht. Das BMBF-Projekt AMMCOA hat lokale Netze für die Landwirtschaft entwickelt – ein Schwerpunkt der Funktechnik-Forscher an der TUK.
5G Modellregion Kaiserslautern
Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, Deutschland zum Leitmarkt für innovative Services und Geschäftsmodelle auf Basis des neuen Standards zu entwickeln. Vor seinem bundesweiten Ausbau wird der neue Mobilfunkstandard zunächst in sechs Modellregionen erprobt. In diesen sollen die neuen Technologien praxisnah entwickelt und demonstriert werden. Im Juni gab der Haushaltsausschuss des Bundestags dafür Gelder in Höhe von insgesamt 44 Millionen Euro frei. Die Wahl fiel, neben fünf weiteren Städten und Regionen, auf Kaiserslautern, wo das DFKI und die Technische Universität mit ihrer Forschung seit Jahren Pionierarbeit auf diesem Gebiet leisten.
Im Rahmen des Großprojekts wird die TU Kaiserslautern in Zusammenarbeit mit dem DFKI vier Campusnetze entwickeln und betreiben, um den Einsatz von 5G-Technologien in speziellen Testszenarien zu erforschen. Diese sind Industrie 4.0-Anwendungen in der smarten Fabrik, vernetzte Mobilitätslösungen, Smart Farming und ein portables System, um Campus-Netze an beliebigen Orten zu errichten.
„Die Region sowie das ansässige Kompetenznetzwerk aus Forschung und Firmen haben den Vorteil, dass wir hier die Technologie und die Anwender ideal zusammenbringen können. So können wir im Austausch mit Partnern und den anderen DFKI-Standorten sowohl städtische als auch ländliche und industrielle Szenarien entwickeln“, so Prof. Hans Dieter Schotten.
Globale Initiativen für industrielle Standards
Im April 2018 war das DFKI Gründungsmitglied der „5G Alliance for Connected Industries and Automation“ (5G-ACIA) im Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, ZVEI. Die internationale Initiative vereint die wichtigsten Akteure im 5G-Bereich – Vertreter der klassischen Automatisierungs- und Fertigungsindustrie sowie führende Organisationen aus der IKT-Industrie. Ziel ist es, 5G erfolgreich in der industriellen Produktion zu etablieren und von vornherein industriefähig zu gestalten. Hierzu bringt sich 5G ACIA aktiv in die Standardisierung und Regulierung von 5G ein und identifiziert mögliche Anwendungsfälle und Anforderungen seitens der Industrie.
Auf der Hannover Messe 2019 demonstrierte 5G-ACIA erste Systemdemonstrationen von 5G-Anwendungen im Industrie 4.0-Kontext.